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18.08.2011 11:14 Uhr

Alemannia Aachen – Der nächste „angeschlagene Boxer“

Die Alemannia aus Aachen hat alle bisherigen Pflichtspiele dieser Saison verloren, steht mit dem Rücken zur Wand und wartet wie der F.C. Hansa auf den ersten Sieg. Das Team aus NRW scheint sich bislang noch nicht gefunden zu haben, doch man kennt ja das Potenzial eines „angeschlagenen Boxers“, er bleibt unberechenbar und stets gefährlich. Grund genug sich einmal genauer mit dem kommenden Hansa-Gegner zu beschäftigen und sowohl Stärken, als auch Schwächen aufzuzeigen. Denn nichts anderes wird auch unsere Mannschaft tun, um den ersten und langersehnten Erfolg in Liga 2 seit dem 23.04.2010 (1:0 in Kaiserslautern) zu erreichen.

Vor dieser Spielzeit musste die Mannschaft um Peter Hyballa einen großen Aderlass verkraften, der sich jetzt, zu Beginn dieser Zweitliga-Saison gerade in der Offensive bemerkbar zu machen scheint. Mit U20-Nationalspieler Tolgay Arslan (6 Tore, 4 Vorlagen), der nach seiner einjährigen Leihe zum Hamburger SV zurückkehrte und Marco Höger (21),  der zum FC Schalke wechselte und in der letzten Saison im defensiven Mittelfeld sieben Tore erzielen und ebenso viele auflegen konnte, verlor der Verein zwei hoffnungsvolle, junge Talente. Gerade Höger konnte mittlerweile sein Können in den ersten Pflichtspielen bei seinem neuen Arbeitgeber unter Beweis stellen. Doch neben den Abgängen Högers und Arslans wiegt der von Zoltan Stieber (22) enorm schwer. War der quirlige Ungar doch mit 10 Toren und 17 Vorlagen zweitbester Scorer der letzten Spielzeit hinter dem Neu-Bayern Nils Petersen.

Die Suche nach Kreativität und Torgefahr 

Kompensieren konnten die Alemannen diesen Verlust von Kreativität und Torgefahr bislang nicht. Ein mageres Tor konnte bislang in der Liga erzielt werden, bezeichnenderweise durch Abwehrspieler Tobias Feisthammel. Der in der letzten Saison noch so treffsichere Alt-Star Benjamin Auer (20 Tore, 30 Jahre) konnte in den ersten vier Partien noch nicht einnetzen oder anderweitig überzeugen. Dass auch Peter Hyballa in dieser ersten Saisonphase noch nicht von Auer überzeugt ist, zeigte sich beim letzten Auswärtsspiel gegen den FC St. Pauli, wo sich der sonst in Aachen so unantastbare Auer auf der Ersatzbank wiederfand. Für ihn lief der während der letzten Spielzeit verpflichtete Ex-Cottbuser Sergiu Radu (32) auf. Begründung: Auer sei zu langsam und gegen Pauli sollte systembedingt ein schnellerer Stürmer auflaufen.
Der von Borussia Dortmund entliehene Stürmer-Youngster Marco Stiepermann zeigte zwar in allen bisherigen Spielen gute Ansätze und war einer der besten Alemannen, doch ein Tor gelang ihm, wie im Übrigen auch Radu, bisher nicht.

Mit dem Wechselspiel in der Offensive geht auch eines in der grundlegenden, taktischen Ausrichtung einher. Setzte Hyballa an den ersten beiden Spieltagen noch auf ein klassisches 4-4-2 mit einem „Sechser“ in Persona Bas Sibum (28), so wechselte der 35-jährige am 3. Spieltag bei St.Pauli auf ein defensiveres 4-2-3-1 mit besagtem Radu als einzige und Stiepermann als rechte, hängende Spitze. Der junge Kevin Kratz rückte dafür vom rechten Flügel auf die zweite „Sechserposition“.  Doch auch die Neuordnung im letzten Spiel mit der Rückkehr von Benjamin Auer in die Startformation brachte gegen wiedererstarkte Cottbuser nicht die erhoffte Wende (0-2).

Altbewährtes in der Defensive

In der Defensive hat sich im Vergleich recht wenig getan. Die beiden „Recken“ Seyi Olanjengbesi (1,96m) und Tobias Feisthammel (1,88m) sind im Abwehr-Zentrum, wie auch in der letzten Serie, gesetzt. Auf den Außenverteidiger-Positionen herrscht jedoch ein reger Konkurrenzkampf. Sowohl Shervin Radjabali-Fardi (20), der von Bayern II gekommene Mario Erb (21), Jonas Strifler (21), als auch der letztjährige, etatmäßige linke Außenverteidiger Timo Achenbach (28) durften sich auf den beiden zu vergebenen Außenverteidiger-Positionen probieren. Mit durchwachsenem Erfolg. Gerade der Neuling Erb, so Hyballa, müsse sich noch an das gehobene Zweitliga-Tempo gewöhnen, spielt aber in den Vorstellungen des Trainers eine wichtige Rolle.
Torwart Boy Waterman konnte sich in den ersten Partien wenig auszeichnen, war bei prinzipiell allen Gegentreffern machtlos, musste aber schon 8-mal hinter sich greifen.  Die gewünschte Stabilität konnte der  vom AZ Alkmaar gekommene Schlussmann der anfälligen Defensive (letzte Saison 60 Gegentreffer bei Tabellenplatz 10) aber (noch) nicht verleihen.

Aachens Trainer Peter Hyballa war mit den bisher gezeigten Leistungen selbstverständlich nicht zufrieden und zog im Kicker nach dem Spiel gegen Energie Cottbus ein ernüchterndes Fazit: „Alle drei Stürmer haben sich nicht gut bewegt, das Spiel ohne Ball war schlecht, wir haben es nicht geschafft, Tempo  aufzunehmen.“  Der Coach der Alemannen befindet sich noch in der Experimentierphase, will aber so schnell es geht Erfolge einfahren, damit sein Platz an der Seitenlinie sicher bleibt. Noch hält der Manager und ehemalige Publikumsliebling Erik Meijer zu dem gebürtigen Bocholter (Quelle: Kicker).
Seine Linie, mit jungen Spielern auch aus der eigenen Nachwuchsabteilung zum Erfolg zu kommen, wird vom Verein ohnehin seit Jahren mitgetragen. Denn seine „Sporen“ verdiente sich Hyballa als langjähriger Jugendcoach des TSV 1860 München und ebenso bei den A-Junioren der Borussia aus Dortmund, mit denen der Fußballlehrer 2009 Deutscher Vizemeister wurde. Diese und weitere Erfolge ließen ihn im Jahre 2010 zum jüngsten Profitrainer aller Zeiten aufsteigen. Er war damals 34 Jahre alt.
Sein Bestreben auf junge Talente zu bauen schlägt sich auch in der Altersstruktur des Kaders nieder. Mit einem Schnitt von 25,19 Jahren haben die Schwarz-Gelben die zweitjüngste Mannschaft eingesetzt.

Mischung aus Erfahrung und Jugend - Vorsicht ist gefragt

Ein Spieler, der dieser noch jungen und teils unerfahrenen Mannschaft Halt geben und für die nötige Offensivkraft sorgen kann, ist Anouar Hadouir. Der 28-jährige Niederländer mit marokkanischen Wurzeln kommt von Roda Kerkrade und wirft die Erfahrung von 177 Spielen in der Ehrendivision und der Torgefahr von 33 Treffern in Hollands höchster Spielklasse in die Waagschale. Doch bei seinen beiden Einwechslungen wirkte der Hoffnungsträger und lang umworbene Offensiv-Allrounder noch wie ein Fremdkörper. Fraglich also, ob er den verunsicherten Westdeutschen am Freitag gegen Hansa helfen kann.

Doch Eins ist sicher: Die Rostocker dürfen sich sowohl  in Sachen Einstellung nicht gehen und in punkto aggressiver Deckung nicht hängen lassen. Sonst schlägt der „taumelnde Boxer“ ganz schnell noch einmal zu.