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23.04.2007 08:56 Uhr

Beinlich: Hansa ist zu meinem Lieblingsverein geworden

Im Interview des Fußballmagazins 11 Freunde äußert sich Hansa-Kapitän Stefan Beinlich zur aktuellen Situation beim FC Hansa, seiner Zielen und Wünschen für die Zukunft.

MAG: Herr Beinlich, die Saison geht auf die Zielgerade und Sie stehen mit ihrer Mannschaft auf dem zweiten Tabellenplatz. Kann Rostock für die 1. Liga planen und Stefan Beinlich in seine Memoiren schreiben, nach 1995 ein zweites Mal mit demselben Verein aufgestiegen zu sein?

Planen können wir noch nicht für die 1. Liga, aber ich hoffe, dass wir unser Ziel erreichen. Zum zweiten Mal mit Hansa aufzusteigen, wäre schon eine tolle Sache.

MAG: Hansa tritt als geschlossene Einheit auf und stellt die stärkste Defensive der gesamten Liga. Sind das die Gründe für den Erfolg und welche Rolle spielen Sie als Kapitän und verlängerter Arm von Frank Pagelsdorf dabei?

Es gibt in der 2. Liga mit Sicherheit Mannschaften mit besseren Einzelspielern, aber wir sind das bessere Kollektiv. Von der ersten Elf bis zu den Reservespielern haben wir alle ein gemeinsames Ziel, das uns zusammenschweißt: den Aufstieg. Mir war von Anfang an klar, dass ich hier in der Verantwortung stehe und eine junge Mannschaft führen soll. Dahingehend unterstütze ich den Trainer und fülle diese Rolle auch gerne aus.

MAG: Nach einer überragenden Hinrunde hatte die Mannschaft in der Rückrunde einige Probleme und spielte nicht so konstant wie im alten Jahr. Wie ist dieser Fakt zu erklären?

Unsere Hinrunde war perfekt. In 16 Jahren als Profi habe ich so etwas noch nicht erlebt. Es war ein schönes Gefühl, über die gesamte Hinrunde nicht zu verlieren, aber daran sind wir dann gemessen worden und logischerweise kann man solch eine Serie nicht ewig durchhalten. Natürlich war es dann sehr ärgerlich, gleich die ersten beiden Spiele der Rückrunde zu verlieren. Doch eine Überraschung war es nicht, schließlich sind wir keine Übermannschaft.

MAG: Der Aufstiegskampf ist in dieser Saison unglaublich spannend und die Liga ausgeglichen wie selten. Sie spielten im letzten Jahr noch beim HSV und können beide Klassen vergleichen. Wie sehen Sie das Niveau der zweiten Liga und stimmt eigentlich die Annahme, dass dort noch mehr Wert auf Robustheit und Zweikampfstärke gesetzt wird als im Oberhaus?

Ich habe mich schon ein wenig umstellen müssen, aber das war kein Problem, weil ich wusste, worauf ich mich einlasse. Natürlich wird in der 2. Liga mit härteren Bandagen gekämpft. Aber Einsatz und Siegeswillen brauchst du in jeder Liga der Welt, wenn du erfolgreich sein willst.

MAG: Beinlich und Rostock – das scheint zu passen. In ihrem Steckbrief auf der Hansa-Homepage ist zu lesen, dass Ihnen auch andere Angebote (Schweiz, Amerika) vorlagen, die es Ihnen ermöglicht hätten weiter erstklassig zu spielen. Doch Sie entschieden sich für Rostock, weil viel “Herzblut” im Spiel war. Was unterscheidet Rostock von ihren anderen Stationen?

Das sportliche Umfeld mit Trainingsbedingungen und Stadion ist vergleichbar mit dem der anderen Vereine. Die finanziellen Möglichkeiten sind dagegen vollkommen andere. Viele haben nicht verstanden, warum ich nach Rostock zurückgekehrt bin. Wenn es ums Geld gegangen wäre, hätte ich woanders hingehen müssen. Normalerweise unterschreibst du bei einem Verein, bekommst dein Gehalt und hängst dich in der Zeit deines Vertrages voll rein. Dann verlängerst du oder ziehst weiter. Bei Hansa empfinde ich anders, Rostock ist eine Herzensangelegenheit für mich. Das liegt auch an meiner ersten Zeit hier, schon damals hat einfach alles gestimmt. Nach all den Jahren habe ich nun die Möglichkeit, dem Verein etwas zurückzugeben. Ich kann wirklich sagen, dass Hansa zu meinem Lieblingsverein geworden ist.

MAG: Rückblickend sehen Sie die Zeit ihres ersten Rostocker Engagements (1994-97) als Lehrjahre an. Wie würden Sie dann die drei Jahre bei Aston Villa, wo Sie ja davor unter Vertrag standen, einordnen?

Ich war 19 Jahre alt, als ich nach England ging und stand das erste Mal in meinem Leben auf eigenen Füßen. Meine heutige Frau begleitete mich und wir führten unseren ersten gemeinsamen Haushalt dort. Menschlich und fußballerisch hat mich die Zeit in Birmingham ungemein weitergebracht. Ich habe es zwar nur auf 16 Erstligaeinsätze gebracht, aber in der Reservemannschaft habe ich jede Woche gespielt und das Niveau dort war ebenfalls nicht zu verachten.

MAG: Haben Sie noch Kontakt zu Matthias Breitkreuz, der ja mit Ihnen zusammen auf die Insel ging und auch in Rostock noch lange mit Ihnen zusammenspielte?

Nein, wir haben keinen Kontakt. Matthias war ein guter Kollege, aber kein enger Freund.

MAG: Über 15 Jahre Profifußball, die gewiss gespickt sind mit vielen Erinnerungen. Gibt es für Sie das Highlight und das Negativerlebnis?

Das Highlight schlechthin gab es nicht, weil ich keinen Titel gewonnen habe. Dennoch gab es viele Höhepunkte in meiner Laufbahn wie den Aufstieg mit Hansa 1995, meine Länderspiele oder das Erreichen des Viertelfinales in der Champions League mit Leverkusen. Das Negativerlebnis war mit Sicherheit in der Saison 1999/2000, als wir am letzten Spieltag mit Leverkusen in Unterhaching die Meisterschaft verspielt haben.

MAG: Sie galten stets als Vorzeigeprofi, der genau wie Ballack, Sammer, Kirsten und Schneider – um nur einige zu nennen – seine Fußball-Ausbildung in der damaligen DDR absolvierte. Trotzdem weist Ihr Länderspielkonto im Gegensatz zu den genannten Spielern die verhältnismäßig geringe Anzahl von gerade mal fünf Einsätzen aus. Hätten Sie heute mehr Länderspiele, wenn Sie eher zu einem großen Bundesligisten gewechselt wären?

Nein, damit hatte das nichts zu tun. Es waren Verletzungen, die mir die Chance nahmen, mehr Länderspiele zu machen.

MAG: An dieser Stelle eine Frage zu ihrem letzten Arbeitgeber. Der HSV erlebt eine schlimme Saison, in der auch Thomas Doll seinen Arbeitsplatz verlor. Wo sehen Sie die Ursachen für den Absturz und inwieweit hat der Abschied von Ihnen und Sergej Barbarez damit zu tun?

Zu Problemen anderer Vereine werde ich mich in der Öffentlichkeit nicht äußern. Ich hoffe aber, dass der HSV die Klasse hält.

MAG: Fußball-Forum.de ist eine Internetplattform. Wie nutzen Sie das Medium Internet, kennen Sie unsere Seiten vielleicht sogar und wo steht im Hause Beinlich der Computer?

Ihre Seite kannte ich bislang noch nicht. Ich nutze das Internet auch relativ selten. Der Computer steht bei uns im Arbeitszimmer.

MAG: Ihr Spitzname ist bekanntermaßen Paule. Wie kam es dazu?

Den hat mir in der Jugend mein damaliger Trainer verpasst. Wir hatten vier oder fünf Stefans in unserer Mannschaft. Deshalb sagte er, ich würde ab sofort Paule heißen.

MAG: Letzte Frage. Herr Beinlich, ihr Vertrag in Rostock läuft noch ein Jahr und mit dann 36 Jahren kann man schon mal über das Karriereende nachdenken. Spielen Sie mit dem Gedanken, den Kontrakt noch mal zu verlängern oder hängen Sie die Stiefel nach dann 17 Profijahren an den berühmten Nagel? Werden Sie dem Fußball nach dem Ende Ihrer aktiven Laufbahn in irgendeiner Weise erhalten bleiben?

Ob mit 36 Jahren Schluss ist, kann ich momentan noch nicht sagen. Doch Hansa noch einmal zu verlassen, ist für mich schwer vorstellbar. Es ist durchaus möglich, dass ich dem Verein nach Beendigung meiner aktiven Laufbahn in einer anderen Funktion erhalten bleibe.

MAG: Wir bedanken uns, dass Sie sich Zeit für unsere Fragen genommen haben und drücken Ihnen in Sachen Aufstieg die Daumen.

Quelle: 11 Freunde