Login



Noch kein Mitglied?
Jetzt Mitglied werden »

x

17.03.2008 09:12 Uhr

Christian Rahn: Der Auferstehungskünstler

Was haben sie in den letzten Wochen und Monaten nicht alles über diesen Mann geschrieben: Mal war er der „Auferstehungskünstler“, dann  „Uns Uwe“. Sogar „Christiano Rahnaldinho“ haben sie ihn genannt.

Der 28jährige Christian Rahn lacht und sagt mit einem Schmunzeln: „So ist Fußball, mal bist du König, mal bist du Bettelmann…“

Der „Hamburger Jung“ hat in seiner Karriere schon so gut wie alles erlebt. An der Alster hat Rahn ab seinem fünften Lebensjahr für die drei prominentesten Vereine der Stadt gespielt, als Kind in Altona, als Junior auf St. Pauli und als Mann beim Hamburger SV. Während seiner Zeit beim HSV hat er auch fünf Länderspielen für Deutschland bestritten.

Allein mit dieser Vita ist er als Fußballer in der Hansestadt Hamburg was ganz besonderes.
Aber dem Hoch im Norden folgte ein Tief im Westen. In Köln fristete der Nationalspieler eineinhalb Jahre ein Leben zwischen Stammkraft und Bankdrücker. Als der Vertrag in Köln auslief, stand Christian Rahn vor einer ungewissen sportlichen Zukunft. Das war im Sommer 2006. Für Rahn war da Frust statt Sommermärchen. Familie statt Fußball.
Rahn suchte damals eine Möglichkeit, mit einer Profimannschaft zu trainieren, um sich fit zu halten. Frank Pagelsdorf bot dem Mittelfeldspieler ein Probetraining beim F.C. Hansa in Rostock an. Statt im feinen Hotel logierte er damals im zweckmäßigen Dreibettzimmer der Nachwuchsakademie – und schlief in Hansa-Bettwäsche...

 

Das Happy-End: Rahn bekam kurz darauf einen zwei Jahresvertrag. Die Hanseaten stiegen anschließend mit dem Ex-Nationalspieler von der 2. Liga prompt in die Bundesliga auf. Sein Anteil am Aufstieg: 30 Spiele, sechs Treffer.

Christian Rahn feierte gewissermaßen erst im Mai 2007 sein eigenes Sommermärchen, als er mit seinen Mannschaftskameraden auf dem Fensterbrett des Rostocker Rathauses den Aufstieg bejubelte.

Jetzt sitzen wir mit dem Bundesligaspieler Christian Rahn unten in den Katakomben der DKB-Arena. Hier in der Schuhkammer hat Rahn sein Handwerkszeug. Mehr als 15 Paar Töppen liegen dort für den Mann mit der „linken Klebe“. Alle Jungs haben hier ein Schuhregal. Rahn hat allein drei! Als einstiger Nationalspieler hat er noch immer einen guten Draht zum Vertragspartner „adidas“. Christian verrät uns: „Ich trage so auch immer das neueste Modell aus Herzogenaurach.“

 

Alle Schuhe sind sogar graviert: Mit den Namen von Nicole und Alicia.
Wie wichtig dem Fußballprofi seine beiden Mädels sind, zeigt auch dies: Vor jedem Heimspiel gibt es von Christian ein Hand-Gruß vom Rasen in die Richtung der Sitzplätze der Familien-Angehörigen.

Christian Rahn ist hier an der Küste wieder wer. Aber er ist anders als früher.
In einem sehr offenherzigen „kicker-Interview“ öffnete Christian Rahn so jüngst einmal seine Seele. Seine ehrliches Geständnis: „Ich brauche den Tritt in den Hintern…“
Die Erklärung gibt er dazu so: „Ich habe mich zu leicht runter ziehen lassen. Wenn ich gespürt habe, dass mir der Trainer nicht vertraut, habe ich im Training weniger statt mehr gegeben….“
Rahn hat oft beklagt, dass er in seiner Karriere als Profi zuweilen - wie in Köln - Opfer von Trainerwechseln war, die Übungsleiter nicht immer hinter ihm standen. Jetzt trainiert er schon seit fast zwei Jahren unter Pagelsdorf und dies tut ihm offensichtlich gut. Der hat ihn zwar auch schon mal ausgewechselt, auf die Tribüne und die Reservebank verbannt, aber eine Woche später war Christian in der Regel wieder im Kader und einer der besten Spieler auf dem Platz.

Mittlerweile hat sich Rahn sogar im Detail verbessert. „Im Ausdauerbereich war ich schon immer einer der besten. Mittlerweile habe ich mich auch im Sprintbereich verbessert. Aber ich muss versuchen, konstanter zu werden. Dass ich Fußball spielen und kombinieren kann, sieht man in jedem Spiel, nicht aber den letzten Kick, den letzten Biss, die letzte Aggressivität. Das muss ich mir übers Training holen und im Spiel abrufen. Ich glaube, ich bin jetzt auf einem guten Weg…“

 

Tatsächlich ist er mit 300 Pflichtspielen (mehr als 200 in der 1. und 2. Liga) als Profi aus der Hansa-Mannschaft derzeit nicht wegzudenken.

Im Hinspiel gegen Hertha (3:1) feierten die Fans seinen Kopfball-Treffer. In Nürnberg (1:1) bejubelten sie ihn für Ballannahme und Schusstechnik. Im Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt (1:0) war er wieder Torschütze wie einst „Uns Uwe“ Seeler…

Pagelsdorf lobt Rahn für seine Selbstkritik. Rahn über Rahn heute: „Das ist eine Konsequenz des Alters. Mit den Jahren wird man erfahrener und reifer. Außerdem kann man seine Leistung besser einschätzen, wenn man regelmäßig spielt.“ Das tut er und darum würde Hansa gerne mit ihm verlängern.