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20.03.2007 10:10 Uhr

Der Hansa-Nachwuchs: Kapital fürs nächste Jahrzehnt!

Was haben Thomas Finck, Gerald Dorbritz und Roland Kroos gemein? Sie verwalten das größte Kapital des F.C. Hansa Rostock! Sie sind die drei Trainer der Nachwuchs-Abteilung, die die Amateur-Mannschaft, die Bundesliga-Junioren und die B-Jugend trainieren. Sie kennen das Potenzial der Zukunft der Hanseaten, sie bilden aus, sie erziehen, sie coachen die Jungs, die vielleicht im nächsten Jahrzehnt das Bild der nächsten Hansa-Generationen prägen. Die Online-Redaktion hat die drei Fußball-Trainer an einen Tisch gebracht und sie ins Kreuzverhör genommen.

 

Wie beurteilen Sie den Jugendfußball des F.C. Hansa?
Thomas Finck (Amateure): Wir haben in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gemacht, konnten mit fünf bis sechs Mannschaften in Deutschland zeitweilig das Niveau bestimmen. Das war schon erfreulich. Jetzt dürfen wir nicht nachlassen, uns verbessern, zulegen. Ein nächster Qualitätsschritt muss folgen
Gerald Dorbritz (A-Jugend): In jüngster Vergangenheit waren wir schon mal besser. Da müssen wir hin. Unsere momentanen Jahrgänge haben irgendwie einen Durchhänger. Das müssen wir mit den Jungs kompensieren.
Roland Kroos (B-Jugend): Im Vergleich zu vergangenen Jahrzehnten haben wir Fortschritte gemacht. Die Region und das Hinterland - das ja relativ klein ist – hat großes Potential bewiesen. Wir haben gezeigt, trotzdem genügend Talente aus dem eigenen Lande zu finden. Wir haben aber auch Schleswig-Holstein, oder Sachsen-Anhalt mit Städten wie z.B. Magdeburg oder Halle erschlossen. Aber dies darf uns nicht ruhen lassen.

 

Welchen Anteil haben Sie an der Renaissance des F.C. Hansa?
Thomas Finck: Das ist für mich ein Erfolg aller im Nachwuchs tätiger Personen: eines großen Trainerkollektivs, Betreuern, Ärzten und Physiotherapeuten, Internatsleiter und Zeugwart. Man sollte in Momenten von Bilanzen dann auch nicht die Zulieferer vergessen, die Übungsleiter in Rostock und Umgebung, in Greifswald, Neubrandenburg oder Schwerin.
Gerald Dorbritz: Jeder von uns hat seinen Anteil. Aber ich möchte jetzt nicht sagen, nur weil Marcel Schied mal bei mit trainiert hat, ist er jetzt da wo er ist.
Roland Kroos: Mit unseren 13 hauptamtlichen Leuten im Verein sind wir auch hier auf einem guten Weg. In der B-Jugend hat Thomas Finck als Deutscher Vizemeister vor zwei Jahren schon gezeigt, was drin ist für uns alle.

 

Worin besteht Ihr persönlicher Anspruch als Jugendtrainer?
Thomas Finck: Meine Aufgabe ist es momentan Jungs zwischen 18 und 21 zu trainieren, die hoffentlich in den nächsten Jahren in den Focus der Profimannschaft kommen. Die erste Welle von 13 Spielern ist ja schon aus dem Amateurteam in den letzten drei Jahren ins Profiteam geschwappt. Jetzt wird es wieder schwerer für die Burschen, aufzuschließen. Aber die Vorbildfunktion sollte sie mutig, hungrig, sollte sie ehrgeizig machen.
Gerald Dorbritz: Aus dem vorgegeben Rahmen  das Optimale zu machen, alle Möglichkeiten ausschöpfen, attraktiven Fußball spielen zu lassen.
Roland Kroos: Ziel ist die individuelle Ausbildung bei meinen Jungs. Hier werden Grundlagen gelegt und gefestigt. Schön ist es, wenn man dann mit Toni Kroos einen Jungen hat, der sogar für den FC Bayern attraktiv ist. Schlecht ist, wenn man den eigenen Sohn aus der Mannschaft verliert.

 

Welchen Talenten trauen Sie den Sprung in die erste Mannschaft zu?
Thomas Finck: Sebastian Albert bringt eine Menge mit, ihm traue ich demnächst den Sprung zu.
Gerald Dorbritz: Auf Anhieb sehe ich niemanden zu 99 Prozent da oben. Unser Torwart Kerner oder Tobias Jänicke könnte es packen. Aber man muss es abwarten.
Roland Kroos: Tobias Jänicke, Felix Kroos, Stephan Gusche könnten es schaffen.

 

Wie sind Sie mit den Leistungen Ihrer Mannschaft und den individuellen Entwicklung zufrieden?
Thomas Finck: Wir sind im Landespokal im Halbfinale, wollen zum dritten Mal in Folge den Pokal und in die DFB-Pokal-Hauptrunde. Wir sind Tabellenzweiter in der 4. Liga. Das ist für eine Mannschaft von 20,5 Jahren positiv.  Ich hoffe, einige Jungs können sich individuell weiter verbessern.
Gerald Dorbritz: Wir sind im DFB-Pokal im Halbfinale, haben 6:3 in Freiburg gewonnen, 7:1 in Viermarschlande. Am 5. April müssen wir uns nun gegen den TSV 1860 München beweisen. In der Bundesliga haben wir unterdessen nicht unsere Möglichkeiten ausgeschöpft, müssen gegen den Abstieg kämpfen. Der wäre ein schlimmer Rückfall in unserer Arbeit.
Roland Kroos: Wir haben ein schweres Jahr, der Verlust von Sohn Toni war schwieriger als gedacht, Bruder Felix hatte eine Steißbeinverletzung, ging ohne Training in die Saison. Wir müssen in der Regionalliga Siebter werden, um nächstes Jahr Bundesliga zu spielen. Das wird ein verdammt harter Kampf. Gewinnen wir ihn, wird die Entwicklung junger Leute in der U16 schneller gehen als in der Regionalliga. Wir haben aber auch gemerkt, der Übergang von der D- über die C-Jugend in die B-Jugend ist problematisch. Da gibt es in Athletik, Technik und Taktik Probleme.

 

Ist der deutsche Nachwuchsfußball jetzt auf dem richtigen Wege?
Thomas Finck: Es bessert sich was. Nehmen wir nur die jüngste Aktion des DFB in Katar im Januar. Insgesamt 100 Personen groß war die DFB-Delegation am Persischen Golf, wozu 72 Talente und ein großer Betreuerstab zählten. Klaus Eder (Physiotherapeut) und Hans-Dieter Hermann (Sportpsychologe) vom Stab der A-Nationalmannschaft schulten in Katar die nahezu vollzählig mitgereisten DFB-Trainer. Kurz vor dem Abflug wurde im Zuge der auf den Nachwuchsbereich ausgebauten Leistungsdiagnostik ein umfangreicher Check der Spieler durchgeführt. Sogar Matthias Sammer als DFB-Sportdirektor war vor Ort und kontrollierte die Abläufe.
Gerald Dorbritz: Während des angesprochenen Trainingslagers in Katar wurden, so habe ich gelesen, zahlreiche Punkte von Sammers Konzept umgesetzt, so etwa Maßnahmen zur Trainerschulung sowie der Ausbau der Leistungsdiagnostik und des Videomanagements im Juniorenbereich. Das ist gut. Man arbeitet an den Rahmenbedingungen. Das ist wichtig. Der Jugendfußball etabliert sich weiter, wird professioneller geführt. Nun müssen Ergebnisse in Europa und Titel kommen. Leider sind mir bei diesen Elitefußballer momentan zu wenig Jungs von uns dabei.
Roland Kroos: Toni und Felix waren mit in Katar. Das war eine tolle Erlebnisreise, eine große Motivation für die Jungs. Ich weiß, wir haben mit Manuel Fischer aus Stuttgart, mit Sascha Bigalke von Hertha große Talente sowie die Bender-Brüder in München. Ich bin da optimistisch für den deutschen Fußball.

 

Wie wichtig ist die Profielf für die eigene Nachwuchsarbeit?
Thomas Finck: Erfolgreiche Mannschaften und erfolgreiche Spieler sind das beste Argument für den Verein. Sie haben für uns auch bei der Werbung neuer Spieler einfach Magnetwirkung und Vorbildfunktion. Das ist ein richtiger Werbeeffekt.
Gerald Dorbritz: Ganz wichtig. Gute Leistungen motivieren auch den Nachwuchs. Sie schauen doch immer nach oben, suchen Vorbilder. Wenn du gut und erfolgreich in der Bundesliga oder 2. Liga bist, motivieren die Profis auch die Nachwuchsspieler. Das ist als Aufstiegskandidat – wie jetzt – dann auch leichter als Absteiger.
Roland Kroos: Sie ist das Zugpferd des Vereins. Die Jungs sehen, dass der bezahlte Fußball für sie kein Luftschloss sein muss. Noch wichtiger: Mit Erfolgen der Profis lassen sich auch Eltern besser überzeugen, ihre Burschen bei uns unterzubringen.

 

Wie schwierig ist es Schule und Training in Rostock unter einen Hut zu bringen?
Thomas Finck: Wir haben eine Menge Kooperationspartner. Die Unterstützung vom Umfeld ist schon gut, aber man kann sie noch immer verbessern. Es wäre gut, wenn die Region uns mit Ausbildungsplätzen weiter helfen könnte. Gerade in meinem Arbeitsbereich sind Jobs oder Ausbildungsplätze für die Jungs wichtig, schließlich braucht jeder neben dem Fußball noch ein Standbein fürs Leben.
Gerald Dorbritz: Die Gesamtbilanz ist für die Jungs da, sehr groß. Nur die stabilsten Spieler, die mit dem besten Charakter können die Probleme lösen, den Stress bewältigen. Es gibt für die Burschen schon wenig Zeit, zum Luft holen. Deshalb müssen wir ihnen auch helfen mit besseren Bedingungen. Ich wünschte mir, dass sich bei uns nicht drei Mannschaften einen Rasenplatz teilen müssten. Da ist es schwer, auf höchstem Niveau zu arbeiten.
Roland Kroos: Das Schulsystem mit den Schulsportklassen hat sich bei uns bewährt, ich sehe es bei meinen Kindern, ich kann dies beurteilen, weil ja auch meine Frau als Lehrerin auf der anderen Seite mit den Jungs arbeitet. Da kann man uns schon beneiden. Es gibt nicht viele Bundesligisten, die diese Möglichkeiten wie wir haben.

 

Was fordern Sie von einem Spieler?
Thomas Finck: Jeder muss sich 100 Prozent seiner Aufgabe widmen. Das ist in dem Alter nicht immer leicht, weil es viele Nebengeräusche gibt, Dinge im Umfeld, die hemmend oder ablenkend wirken können. Aber da muss man durch, auch mal verzichten können, wenn man ein großes Ziel vor der Nase hat.
Gerald Dorbritz: Jeder muss sich bedingungslos dem Fußballsport unterordnen. Ich verlange Einsatz, Leidenschaft, Disziplin und eine sportliche Lebensweise. Oft vermisse ich diese Konsequenz bei den Jungs.
Roland Kroos: Wer Profi werden will, muss sich Ziele setzen, Schritt für Schritt.

 

Was macht den Rostocker Jugendfußball attraktiv?
Thomas Finck: Es ist die Synergie von Schule, Beruf und Sport, die wir den Jungs bieten. Viele haben es über Schulbank und Amateurabteilung in die Profielf geschafft, denken wir an Schied, Sebastian, an Bülow. Das ist der Weg, der uns attraktiv macht.
Gerald Dorbritz: Das wir erfolgreich das Niveau mithalten und mitbestimmen können. Das gelang schon besser, da müssen wir wieder hin. Mit aller Konsequenz.
Roland Kroos: Unser Umfeld.

 

Wie wichtig sind Vorbilder?
Thomas Finck: Am Beispiel von Amir Shapourzadeh, Kai Bülow, Tim Sebastian oder Zafer Yelen hat man gesehen, wie man in Rostock in kurzer Zeit vom Nobody der Jugendabteilung in den Focus der Bundesliga kommt. Das muss kein Traum sein. Dies müssen unsere jungen Spieler verinnerlichen.
Gerald Dorbritz: Unsere Profis zeigen, das sie das Niveau in der Bundesliga mithalten können. Dies ist für den Verein eine gute Werbung und für die Jungs ein Ansporn, es selbst einmal schaffen zu können. Die Nähe zu den Profis bei uns sehe ich positiv.
Roland Kroos: Jungs wollen ihren Idolen nacheifern können…

 

Wo legen Sie den größten Wert drauf, auf die Athletik, die Taktik, die Technik, die Schule, Job, Universität?
Thomas Finck: Die Mischung macht es aus meiner Sicht.
Gerald Dorbritz: Der Fußball ist komplex, so muss man ihn auch betrachten. An der Basis steht die technische Ausbildung und die Schule im Vordergrund. Später ist es Kondition, Athletik, Ausbildung. Nur die ganz großen Talente sollten sich nur auf den Fußball verlassen. Ein zweites Standbein ist immer gut. Die Karriere eines Profis ist ja kurz.
Roland Kroos: Technik und Taktik machen den Fußballer aus. Ausnahmefußballer können vielleicht auf Uni und Beruf verzichten. Aber die Haltbarkeitsdauer eines Profis ist kurz. Also ist es besser Schule und Beruf so ernst zu nehmen wie den Fußball!