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08.11.2005 10:47 Uhr

Dr. Bartel: Mit goldenen Händen und Kohlblättern machte er Prica fit

Alle schwärmen von Rade Prica! Rade Prica schwärmt von seinem „Doc“, von Hansa-Arzt Dr. Frank Bartel (45).
Das derzeitige Hoch des Hansa-Stürmers ist auch das Verdienst des bekannten Rostockers Sportmediziners!
Jetzt ist Dr. Bartel froh, dass er und Prica bis zum 21. November ein wenig Luft haben, bis zum Meisterschaftsspiel gegen den FC Energie Cottbus in Rostock…
Die Geschichte von Torjäger Rade Prica und dem hanseatischen Doktor begann jüngst in der 44. Minute des DFB-Pokalspiels zwischen dem F.C. Hansa Rostock und dem Bundesligisten VfB Stuttgart. Prica stürmte aufs Schwaben-Tor, dort prallte er auf Nationaltorhüter Timo Hildebrandt. Folge: Kapselriss im linken Sprunggelenk. Das Aus im Spiel!
Ausgerechnet vor dem so wichtigen Treffen gegen Unterhaching in der 2. Liga!
Eine Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) zeigte am nächsten Tag einen Kapselriss, schwere Prellungen und Einblutungen.
Das Unterhaching-Spiel schien ohne Rade stattzufinden.
Wenn sich da nicht mit Rade, dem, Doktor und den Physiotherapeuten Peter Meier und Frank Schneller vier Kämpfer gefunden hätten.
Mit Therapien rund um die Uhr kämpften die Mediziner um Rade, mit Spritzen, bis zu 10 Stück, mit Physiotherapie, mit Krankengymnastik, Laser; Quark, Kohlblättern und stinkendem Schlick.
Das Ergebnis ist bekannt, Rade kämpfte, spielte und traf, die Medizinmänner jubelten mit ihm.
Nur, da war auch noch das Saarbrücken-Spiel.
Rade damals: „Ich habe das nicht für möglich gehalten.“
Nochmals die gleiche Therapie.
Unter Aufsicht von Bartel, Meier und Scheller übte Prica individuell und kurzzeitig bei Trainer Frank Pagelsdorf.
Dr. Bartel fuhr dann sogar extra mit nach Saarbrücken, um die richtigen Spritzen an den richtigen Stellen zu setzen.
Rade Prica spielte wieder, „Pagel“ lobte seine medizinische Abteilung in höchsten Tönen.
Jetzt ist erst einmal Spielpause und die tut Rade richtig gut.
Der Doktor schaut unterdessen in die Seele seines Spielers: „Alles passte. Aber es ging nur, weil die Voraussetzungen stimmten. Der Spieler hatte das Vertrauen und die Gewissheit, dass seine Verletzung nicht schlimmer wird. Der Spieler muss nämlich wollen. Die Physiotherapeuten leisteten sehr gute Arbeit. Ich hatte das richtige Fingerspitzengefühl beim Setzen de Spritzen….“
Dr. Bartel, der eine  Praxis am Warnowufer in Rostock führt, ist Fußballer und Arzt mit Leib und Seele.
Mit sechs Jahren begann er 1966 bei Lok (Germania) Halberstadt. Als Senioren-Spieler kickte er in der 2. Liga in der DDR. Mit 31 Lenzen hörte er auf, weil er Mannschaftsarzt von Hansa werden konnte.
Das erste Spiel war noch eine Pleite: Hansa verlor in der Bundesliga unter Uwe Reinders gegen den KSC. Bartel stieg mit Hansa ab und wieder auf, hat die Erfahrung von elf Jahren Bundesliga, ist Autor des neuen DFL-Bundesliga-Magazins, reist durch Deutschland und hält wie sein Vater hochinteressante Vorträge über Medizin.
Der Facharzt für Chirurgie, Chiro-Praktiker und Schmerztherapeut studierte von 1979 bis 1984 in Halle/Saale, schätzt Kollegen wie Dr. Gerold Schwarz vom HSV oder seinen einstigen Halberstädter Kollegen Götz Dimanski von Werder Bremen, Prof. Kindermann vom DFB oder Prof. Badtcke von der Uni Potsdam.
Bartel war in der Bundesliga wohl der erste Mannschaftsarzt, der Masken für Nasenbein- und Jochbeinbrüche mit dem Orthopäden Paul Rothe entwickelte und so Hansa-Spieler wie Chalaskiewicz, März und Schneider wieder ins Spiel brachte, trotz Verletzung.
Bartel wandte auch als einer der ersten Ärzte das Klammern von Wunden aus der Bauchchirurgie auf dem Platz an. Damals war Toni Micevski sein erster Fall.
Legendär ist seine Kabinen-Operation an Oliver Neuville im Abstiegsspiel in Bochum. Bartel wollte Neuville, dem beinahe das Ohr abgerissen wurde, aus dem Spiel nehmen. Olli wollte spielen. Also nähte er ihm das Ohr mühsam grob an, setzte nach dem Klassenerhalt mitten im Jubel zur Feinnaht an…
Wenn sich Neuville und Bartel heute sehen, streichelt der Doktor gerne noch mal das Ohr des Nationalspielers.
Auch zu dem einstigen Rostocker Nationalspieler Stefan Beinlich pflegt „Doc Bartel“ ein inniges Verhältnis.
Ohne Bartel wäre „Paule“ heute wahrscheinlich Sportinvalide. Aber Dr. Frank Bartel kriegte Stefan Beinlich wieder hin, auch mit Hilfe des Orthopäden Rothe.
In regelmäßigen Abständen und in Zusammenarbeit mit HSV-Arzt Dr. Schwarz kommt Paule zu Nachuntersuchungen an die Warnow. An der Alster ist er bei Trainer Thomas Doll, dem einstigen Rostocker, heute so gut wie nie zuvor.
Prica, Chalaskiewicz, Micevski, Beinlich, Neuville, jeder hat seine Geschichte. Aber immer ist es auch ein Stück Geschichte des Fußball-Doktors Frank Bartel.
Bartel lebt für den Fußball, leidet und jubelt mit den Spielern. Wie seine Frau Monika, wie seine Kinder, wie die Mannschaft seiner Praxis, wo die Hansa-Spieler tagein und tagaus anzutreffen sind.
Manchmal muss Dr. Frank Bartel im Stadion auch vom Referee ermahnt werden. Aber er musste für seinen Enthusiasmus noch nie Strafen beim DFB zahlen, kassierte nur drei Ermahnungen in 15 Jahren.
Jüngst haben die Profis  ihn nach dem tollen Prica-Spiel gegen Unterhaching in die Mitte genommen und wie die Kinder um ihn herum getanzt. Ein schöner Dank für fleißige Hände.
Wie sagt der Mediziner: „Fußball ist wichtig, auch oder gerade  in Mecklenburg-Vorpommern, wo es 20 Prozent Arbeitslosigkeit gibt. Aber Fußball ist auch nur die schönste Nebensache der Welt…“
Jetzt hat der „Doci“ noch einen Wunsch: „Ich würde gerne mit dem F.C. Hansa noch einmal auf Reisen durch die Stadien der ersten Bundesliga ziehen…“
Doci, wir auch!