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23.08.2005 10:54 Uhr

Hansen „Ich bin einfach geil auf die Kugel.“

Wer oft im Ostseestadion als Spaziergänger zu Gast oder dort ein aufmerksamer Beobachter ist, der hatte es vielleicht schon gemerkt. Kevin Hansen (25) trainierte im Sportforum und im Wald am Rande des Stadiongeländes seit einigen Wochen und mit großer Geduld für ein sportliches Comeback. Der gebürtige Hamburger und langjährige Hansa-Profi durfte sich als Gastspieler ohne Vertrag hier fit halten.
Kevin ist ja in Rostock wirklich kein Unbekannter.
Der einstige Amateur-Trainer Peter Ränke hatte Kevin Hansen einst in Hamburg bei Vorwärts-Wacker Billstedt entdeckt und ihn bereits 1999 nach Rostock geholt und in seiner Mannschaft zu einer festen Größe aufgebaut.
So wurde der Konstruktionsmechaniker, der am 13. August 1979 in Hamburg das Licht der Welt erblickte, langsam aber sicher Profi des F.C. Hansa.
Am 4. Mai 2002 gab der Mittelfeldspieler Kevin Hansen beim Spiel FC Bayern München gegen den F.C. Hansa Rostock (3:2) einen traumhaften Einstand in der Bundesliga.
Hansa-Coach Armin Veh hatte „Hansi“ erst in der 70. Minute für Steffen Baumgart eingewechselt. 12. Minuten später erzielte er schon mit einem Rechtsschuss das 1:2 und somit seinen ersten Bundesliga-Treffer.
Veh, der Hansen nach drei Jahren Hansa überredete in Rostock zu bleiben, damals: „Nicht viele in der Bundesliga haben so eine tolle Schusstechnik wie Kevin.”
Auch Kollegen wie Rene Rydlewicz lobten seine gute Ballbehandlungen bei Ecken und Freistößen, mit der er immer wieder Schwächen in der Handlungsschnelligkeit oder Spiel-Dynamik ausglich.
In der darauf folgenden Saison bestritt der „Hamburger Jung“ noch acht Bundesliga-Spiele und ein DFB-Pokalspiel gegen Mainz 05.
Dann war das Glück des Spielers aufgebraucht.
Am 25. Januar 2003 absolvierte er seinen vor erst letzten Bundesliga-Einsatz (1:4 gegen 1860 München).
Seit zwei Jahren war Hansen dann der große Pechvogel des Vereins. Mehr als fünf Operationen und immer neue Rückschläge nach dem Knöchelbruch im Februar 2003 hatten den talentierten Mittelfeldspieler zermürbt. Die fünfte Operation, bei der „Knochennasen“ aus dem Fußgelenk entfernt wurden, war eigentlich schon seine letzte Hoffnung.
Das bittere Leben des Kevin Hansen sah zeitweilig so aus: In einem Hamburger Rehazentrum absolvierte er oft von morgens bis zum späten Nachmittag das volle Programm: Kraft- und Balanceübungen, Fahrrad-Ergometer, Aquajogging, Massagen, Elektrobehandlungen.
„Manchmal konnte ich das alles nicht mehr sehen“, sagte er oft seinen Freunden: „Man muss sich jeden Tag neu motivieren.“ Hilfreich war dabei für den sensiblen Kicker, der zwischenzeitlich auch mit einem Mentaltrainer zusammenarbeite, das gewohnte Umfeld. Seine Eltern und Freundin Nina wohnen nämlich im schleswig-holsteinischen Reinbek vor den Toren Hamburgs.
Außerdem traf Hansen viele frühere Mitspieler aus seiner Zeit beim Oberligisten Vorwärts-Wacker Billstedt, wo er als Fünfjähriger vom Fußball-Virus infiziert wurde.
„Das half alles sehr, aber ich wäre schon damals lieber wieder in Rostock gewesen und hätte Fußball gespielt“, sagt Hansen einst über seine schlimmste Zeit und meinte: „Ich bin einfach geil auf die Kugel.“
Im Einzeltraining mit Hansa-Physiotherapeut Steffen Rische „baute“ sich Hansen immer wieder dann in Rostock auf, fand in der abgelaufenen Saison tatsächlich auch wieder Anschluss.
Fast zehn Spiele in der Amateur-Mannschaft und drei Treffer waren erste  Hoffnungssignale.
Aber das Problem: Hansens Vertrag lief aus. Der damalige Trainer Jörg Berger setzte sowieso nicht auf Kevin Hansen, bevorzugte stattdessen lieber Amateure wie Marc Stein, Martin Pohl und Amir Shapourzadeh und so interessierte sich der FC Erzgebirge Aue schon für den Mittelfeldmann.
FCE-Trainer Gert Schädlich wollte ihn für zwei Jahre verpflichten und versprach ihm schon das Trikot mit der Nummer 10 des Spielmachers.
Alles schien klar, Hansen hatte sogar schon eine Wohnung in Aue angemietet.
Plötzlich der Schock. Die „dpa“ schrieb so überraschend: „Der Rostocker Mittelfeldspieler Kevin Hansen wird vorerst nicht bei Zweitligist Aue anheuern. Der 25-Jährige, der in den beiden letzten Jahren wegen diverser Verletzungen nicht den Durchbruch beim Bundesliga-Absteiger schaffte, verletzte sich beim Training in Aue erneut am rechten Fuß. Eine Operation ist nach Angaben der behandelnden Ärzte unumgänglich. Aues Vizepräsdient Bertram Höfer erklärte, dass die Erzgebirgler erst nach der Genesung von Hansen wieder bereit sind, über ein Vertragsangebot zu reden.“
Hansen ließ sich nach dieser traurigen Nachricht abermals in Basel bei Dr. Bernhard Segeeser operieren und begann bei Freunden in Rostock mit dem eigenen neuerlichen Comeback.
Der Vorstandsvorsitzende des F.C. Hansa Manfred Wimmer und Lizenzchef Herbert Maronn gewährten Kevin loyal „Hausrecht“ – und boten ihm ausgerechnet an seinem Geburtstag eine neue Chance, einen neuen Einjahresvertrag als Profi.
Kevin unterschrieb sofort – obwohl ihn Gert Schädlich bis heute gern in Aue gesehen hätte und wohl auch etwas sauer über die Wende des Transfers war.
Schnell suchte Kevin unterdessen eine neue möblierte Wohnung in Rostock und bereitet sich nun intensiv auf sein Comeback vor.
Was ihm zu Gute kommt: Der F.C. Hansa hat mit Frank Pagelsdorf jetzt ja einen neuen Fußball-Lehrer und dessen  Co-Trainer Timo Lange kennt Hansen natürlich bestens.
Lange spielte schließlich noch ein Jahr bei den Amateuren mit Kevin zusammen, wurde mit ihm ja 2004/2005 auch Meister in der Oberliga und Pokalsieger.
Kevin über seine Zukunft: „Ich habe nach all meinen Rückschlägen heute eine gute Fitness, kann schon wieder mit dem Ball und bald mit der Mannschaft arbeiten.“
Physiotherapeut Steffen Rische, der ihn seit Jahren als Dauerpatient bestens kennt und über Jahre schon hervorragend individuell betreut, ist sicher: „Ab nächster Woche kann Kevin mit der Mannschaft trainieren…“
Eine Presseinformation des F.C. Hansa besagt nun offiziell, was bislang nur getuschelt wurde: „Kevin Hansen kehrt zum F.C. Hansa zurück. Der 26-jährige Mittelfeldspieler, dessen Engagement bei Erzgebirge Aue nicht zustande kam, hat beim F.C. Hansa einen Einjahresvertrag unterschrieben. Nach einem erneuten operativen Eingriff am Sprunggelenk soll Kevin Hansen zunächst über die Amateurmannschaft des F.C. Hansa wieder herangeführt werden.“
Viel Glück, Kevin!