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10.04.2007 16:25 Uhr

Jörg Hahnel: Der „Schattenmann“ aus Aue

Frühling 2007. Der Regen hat den Trainingsplatz an der Kopernikusstraße zum Moor verwandelt. Auf dem schweren Boden stecken die drei Torhüter des F.C. Hansa bis zu den Knöcheln im Morast. Torwart-Trainer Perry Bräutigam ruft seine drei Individualisten zu einer seiner Lieblings-Übungen auf. Fein säuberlich legte er sich an der Strafraumgrenze die Bälle zurecht, während die Hände der Keeper einen Medizinball umfassen, mit dem sie die Geschosse abwehren sollen. Während Bräutigam der Schalk im verregneten Gesicht sitzt, parieren Mathias Schober, Jörg Hahnel und Patric Klandt nun mit dreckverschmierten Gesichtern die Bälle. Die Reihenfolge des Auftritts bestimmt die Hackordnung:  Mathias Schober ist die Nummer 1. Jörg Hahnel sein „Schattenmann“, Patric Klandt die Zukunft.
Es scheint, als sitze Hahnel zwischen Baum und Borke. Während Schober im Tor „Hausrecht“ besitzt und Klandt den Kasten der „Amas“ behütet, hat Hahnel den undankbarsten Job: Die größte Herausforderung des Erzgebirglers ist das Training. Tag für Tag muss sich „Jockel“ mit der Rolle des „Stand-by“-Keepers begnügen. Hahnel in Rostock, Hahnel im Widerspruch. Er kam vom Gebirge an die See, um an der Küste die Nummer 1 zu werden. Aber dies war eine Rechnung ohne „Platzhirsch“ Schober. Vom ersten Trainingstag der Saison 2006/2007 zeigte sich Mathias Schober schließlich als erstarkte Nummer 1. Hahnel akzeptierte es sportlich fair. „Ich bin Teamspieler und kein Stinkstiefel“. Die Hoffnung auf den Platz zwischen den Pfosten hat er deshalb nicht aufgegeben.
Der Keeper aus dem Erzgebirge begann einst bei SV Eisen Erla-Crandorf. „Mit acht Jahren ging ich ins Tor. Ich habe aber lange zweigleisig, also im Tor und im Feld gespielt. Sogar als junger Seniorenspieler habe ich noch in der Zweiten von Aue im Feld gekickt. Als Profi ging das dann nicht mehr. Aber mitspielen tut mir immer gut.“
Am 1. Januar 1990 wechselte er zu den „Veilchen“ nach Aue und hatte hier in dem einstigen DDR-Nationaltorwart Jörg Weißflog einen guten Lehrmeister. Das  Torwart-Talent durchlief damals alle Jugendteams des Vereins und wurde dann 2000 als Nummer 2 in die erste Mannschaft hochgezogen. Seine Tauglichkeit bewies „Jockel“,  als er im Aufstiegsjahr in 13 Regionalliga-Partien das Tor hütete. Damals vertrat er Russi Petkov. Die größten Erfolge des Torhüters waren bislang der Aufstieg mit dem FCE in die 2. Bundesliga (2003) sowie der Klassenerhalt mit dieser Mannschaft (2004).
Seither kann Jörg Hahnel auf 35 Zweitliga-Spiele zurückblicken. Ganz bitter damals: Eine schwere Angina unterbrach damals seine Serie als Stammkeeper. Schädlich setzte dann bis Sommer 2006 nur noch auf Tomas Bobel. Also ging Hahnel weg. „Wenn du – wie ich – 24 Jahre in einem Dorf wie Erla-Crandorf gelebt hast, dann willst du auch mal raus in die Welt. Dieser Zeitpunkt war voriges Jahr bei mir gekommen. Ich wollte mal einen neuen Verein, neue Menschen, neue Mentalitäten kennen lernen, deshalb bin ich nach Rostock.“
Im Klartext hat Jörg aber (vorerst) nicht das Tor, nur die Bank gewechselt.
Die Liaison zwischen Hansa und Hahnel war dabei schon irgendwo kurios. „Jockel“: „Das war in der abgelaufenen Saison – beim Hinspiel Aues in Rostock. Ich musste als Ersatzspieler zur Dopingprobe, war schnell fertig und lief Perry Bräutigam in die Arme. Der deutete damals an, mich mehrmals im Auge gehabt zu haben und riet mir, mich nicht hängen zu lassen. Später meldeten sich dann auch der damalige Manager Herbert Maronn und Trainer Frank Pagelsdorf bei mir.“ Kurios auch dies: „Bei besagter Dopingprobe habe ich erstmals Mathias Schober kennen und als sehr angenehmen Menschen schätzen gelernt.“
Nun setzt Jörg mit Geduld auf den Faktor Zeit. „Ich bin zwar keine 18 mehr und will nicht von einer großen neuen Herausforderung sprechen. Aber es ist ein neuer Schritt als Torwart, mich hier weiter zu entwickeln. Ich bin in einem guten Torwartalter. Ich will mich messen, ich will zeigen, dass ich etwas kann und ich will mich der Konkurrenz stellen. Ich hoffe auf eine Chance, ich hoffe, dass ich angreifen kann und ich hoffe, auch zu spielen. Ich habe das Niveau für die Bundesliga, ich habe eine gewisse Qualität, ich habe Vertrauen zu mir und auch genug Selbstbewusstsein. Ich werde auch hier immer alles geben. Ich will Rostock helfen, dahin zu kommen, wo Hansa mal war und auch hingehört, und das ist die Bundesliga!“
Den Wechsel an die Küste hat Hahnel bis heute nicht bereut. „Ich habe durch unseren Torwarttrainer und die harte Konkurrenz hier schon sehr viel gelernt. Ich bereite mich jedenfalls jeden Tag so vor, als müsste ich im nächsten Moment für Schobi ran.“
Das größte Problem für den Profi Jörg Hahnel ist eigentlich seine attraktive Freundin Denise. Die charmante Erzgebirglerin ist noch immer glühender Fan von Hansas  Aufstiegs-Konkurrent Aue…