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21.03.2006 13:58 Uhr

Kai Bülow: Ich greife wieder an!

Diesen 19. Februar 2006 und den 22. Spieltag wird der 19jährige Kai Bülow  vermutlich so schnell nicht vergessen.Es war beim Zweitligaspiel in Paderborn (0:3). Die Spieluhr zeigte die 68. Minute als im Mittelfeld Kai mit seinem Mannschaftskameraden Tim Sebastian zum Ball sprang, die beiden Profis mit den Köpfen zusammen stießen und beide zu Boden gingen. Damals war sogar Mannschaftsarzt Dr. Frank Bartel schockiert und diktierte den Journalisten in die Notizblöcke: „Das war schon dramatisch, denn vor allem Kai Bülow war völlig apathisch, hatte viel Blut geschluckt. Ich sah sofort, dass Kai weit schwerer verletzt war als Tim", so der 46-Jährige Mediziner, der – nachdem er in der Kabine die klaffende Platzwunde am Kopf von Sebastian von einem noch darin steckenden Zahnstück befreit und mit vier Stichen genäht hatte – Kai Bülow mit seinem Pkw ins St.-Vincenz-Krankenhaus von Paderborn fuhr. Dort wurde der verletzte Mittelfeldspieler sofort geröntgt und professionell behandelt. Erst tags darauf chauffierte ihn Hansa-Pressesprecher Axel Schulz in die Heimat. 4 ½ Wochen nach diesem Unfall baten wir Kai Bülow für Hansa-Online um ein Interview.

Kai wie geht es dir?

Bülow: In Anbetracht der Umstände geht es meinem Kopf, meinem Gesicht und meinem Gebiss schon wieder ganz gut. Zum Glück hatte ich keinen Kieferbruch

Erinnerst du dich heute noch an den Zusammenprall mit Tim?

Bülow: Ja, eigentlich schon. Ich hatte brutale Schmerzen und wohl auch einen Schockzustand. Ein Foto zeigt ja auch, wie ich mit offenem Mund abspringe und Tim sich mit dem Hinterkopf in meine Schneidezähne gebohrt hat.

Was war die Folge?

Bülow: Zwei der vier Schneidezähne hatte es ja nach hinten gedrückt, die beiden Zähne rechts und links daneben waren abgebrochen. Die Schneidezähne sind inzwischen gerichtet und ich hoffe sie erholen sich und sterben nicht ab. Ich brauchte erst einmal eine Kauschiene und einen Mundschutz.

Wie lange hattest du Sportverbot?

Bülow: Zweieinhalb Wochen durfte ich gar nichts machen. Ab der dritten Woche bin ich dann Fahrrad gefahren und schon sehr viel gelaufen. Am Freitag vor dem Aue-Spiel sollte ich eigentlich auch schon mit dem Ball-Training beginnen. Aber da hat mich ein Magen-Darm-Infekt zurückgeworfen und ich habe so am letzten Wochenende gleich noch  zweieinhalb Kilo an Gewicht verloren. Das ist relativ viel für mich.

Wann kannst du wieder ins Mannschafts-Training einsteigen?

Bülow: Ich hoffe bald. Ich greife wieder an! Aber das muss Dr. Bartel mit dem Trainer und unseren Physiotherapeuten genau absprechen.

Wie fühlst du dich?

Bülow: Ich glaube, alles wird gut. Ich hoffe, es bleiben keine Schäden und auch mein Kopf wird schnell frei von Angst sein. Sicherlich wird es etwas komisch vor dem ersten Kopfball sein. Aber das wird schon. Ich bin kein ängstlicher Typ. Ich will schnell wieder gesund sein und schnell wieder spielen.

Wie hast du die letzten vier Wochen der Mannschaft erlebt?

Bülow: Ich habe unsere Spiele im Stadion und im Fernsehen verfolgt und ärgere mich natürlich mit meinen Mannschaftskameraden, dass  wir oft unsere Überlegenheit nicht genutzt und dumme Tore kassiert haben. Am schlimmsten aber ist es, zuschauen zu müssen. Das ist wirklich ganz, ganz bitter.

Dabei fing die Saison für dich ja gut an und sogar ein Vertrag bis 2008 war der Lohn für deine tollen Leistungen…?

Bülow: Na, ja. Also es zählt hier keine einzelne Leistung. Es stimmt. Es lief bei mir unter Frank Pagelsdorf schon gut und ich habe wohl auch ordentliche Spiele gemacht. Aber schon zum Ende der Halbserie und am Anfang der Rückrunde sehe ich mich schon kritischer. Da hatte ich einen kleinen Hänger, war selbst nicht mehr so zufrieden mit meinen Leistungen. Trotzdem: Ich bin stolz darauf, dass ich immer von Anbeginn in der Stammformation war. Aber ich muss nun auch noch stabiler werden.

Sind Leistungsschwankungen für einen jungen Spieler in so einer wichtigen Mittelfeldrolle nicht normal?

Bülow: Ich bin kein Typ, der nach Entschuldigungen sucht. Ich kann mir den Abfall nicht erklären. Aber es war so. Und das muss und werde  ich ändern…

Und nun?

Bülow: Will ich wieder in die Stammelf.

Bislang machst du noch Training und Zivildienst. Wie lange musst du diese Doppelbelastung noch aushalten?

Bülow: Ja, tatsächlich, nach meiner Krankschreibung mache ich jetzt meinen Zivildienst und das Training im Doppel weiter. Doch das ist kein Problem. Aber Ende Mai, zu meinem 20. Geburtstag, kann ich mich dann voll dem Profifußball in Rostock für Hansa widmen…

Danke für das offene Gespräch, viel Glück für die Zukunft und gute Besserung!