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14.03.2006 07:59 Uhr

Legende Friedhelm Funkel: Zwei Brüder coachen Hansa

In der Geschichte der Bundesliga gibt es nur einen Verein, der als Trainergespann ein Brüderpaar verpflichtete. Das war der F.C. Hansa Rostock! Als Hansa-Boss Eckhardt Rehberg am 7. September 2000 das hanseatische Urgestein Andreas Zachhuber aus dessen Vertrag entließ, suchte der Verein abermals einen Mann mit Bundesliga-Erfahrung als Spieler und Trainer. Zur gleichen Zeit suchte der DFB einen Assistenten für Teamchef Rudi Völler. Hansa und die Verbandszentrale in Frankfurt hatten Friedhelm Funkel im Blick.
Der F.C. Hansa schnappte sich Funkel, Völler bekam Michael Skibbe…
Als Co-Trainer bekam er erst einmal Zachers „zweiten Mann“ Juri Schlünz an die Seite, der zu jener Zeit als erfolgreicher Interimscoach für zwei Spiele gegen Freiburg und Leverkusen agierte.
Funkels Vita ist bis heute die Biographie eines fröhlich malochenden und auch erfolgreichen Rheinländers.
Nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann begann Friedhelm (geb. 10.12.1953) bei Bayer 05 Uerdingen. Zwischen 1980 und 1983 spielte der torgefährliche Mittelfeldspieler beim 1. FC Kaiserslautern, bevor er nach Krefeld zurück wechselte. Sein größter Erfolg war der Gewinn des DFB-Pokals 1985 mit Bayer (2:1-Sieg über Bayern München). Nach 320 Bundesligaspielen (83 Tore) beendete er 1990 seine Laufbahn. 254 Spiele (59 Tore) für Bayer Uerdingen bedeuten bis heute Bundesligarekord für die Krefelder. 1990/1991 übernahm er den Cheftrainerposten in Uerdingen. Er blieb bis 1996 und wechselte danach zum MSV Duisburg, mit dem er den Wiederaufstieg in die Bundesliga schaffte und 1998 das DFB-Pokalfinale erreichte, in dem die Duisburger dem FC Bayern mit 1:2 unterlagen.
Seine nächste Station war Rostock. Sein erster Auftritt vor der Mannschaft dauerte sieben Minuten. Zeit für sieben Gebote:
- Ich bin ein Teamarbeiter und ich erwarte Teamarbeit. Vom Star bis zum Zeugwart.
- Selbstdarstellung ist im Mannschaftssport out.
- Ich wünsche von jedem und für jeden Respekt und Achtung.
- Gegenseitige Akzeptanz ist oberstes Gebot.
- Mannschaftsinteresse steht über Egoismus.
- Unzufriedenheit eines Profis muss man akzeptieren, aber sie gehört
nicht in die Öffentlichkeit.
- Disziplin und Geschlossenheit sind alles. Erfolg zählt.
Am 24. September dann das erste Spiel über das der Trainer sagte: „Wir haben Lautern 1:0 geschlagen. So ein Erfolgserlebnis ist schon wichtig für alle, gerade vor heimischer Kulisse…“
Friedhelm Funkel fühlte sich - 700 km von der Heimat entfernt - schnell an der Küste wohl. Und eines stellte er schnell fest: „In meinen ganzen Leben habe ich noch nie so optimale Arbeitsbedingungen vorgefunden. Und ich darf arbeiten, wo andere Urlaub machen...”
Friedhelm Funkel und der feine Unterschied zwischen Ruhrgebiet und Ostseestrand: „In Duisburg oder Krefeld haben sie gesagt, da kommt der Trainer. Hier sagen sie, da kommt unser Trainer...”
Am Saisonende 2000/2001 hatte Funkel seine erste Mission erfüllt, Hansa hatte als Zwölfter mal wieder vorzeitig den Klassenerhalt geschafft.
Was viele gar nicht wissen, die Idee, in dieser Zeit den fünf Jahre jüngeren Bruder Wolfgang aus Oberhausen zu Hansa zu holen, kam nicht von Friedhelm. Denn diese Idee war vom damaligen Co-Trainer Juri Schlünz. Irgendwann im Frühjahr 2001 saßen Friedhelm und Juri zusammen. Beide suchten einen zweiten Co-Trainer. Nach langen Diskussionen sagte Juri: "Friedhelm, was ist mit deinem Bruder Wolfgang?" Friedhelm grübelte und holte ihn.
Genau 439 Tage war Friedhelm Funkel Cheftrainer in Rostock.
Unmittelbar nach der 1:2 -Heimniederlage gegen den von seinem Freund Wolfgang Wolf betreuten VfL Wolfsburg zog die Rostocker Chefetage die Reißleine und beurlaubte ihren Trainer. Präsident Manfred Wimmer damals: “Mit 13 Punkten aus 15 Spielen sehen wir unsere sportliche Zielsetzung Klassenerhalt mehr als gefährdet…”
Funkel zeigte Größe: „Ich bin nicht enttäuscht, sondern erleichtert. Man muss ehrlich eingestehen, dass die letzten Wochen nicht einfach waren. Der Vorstand und ich werden weiter ein gutes Verhältnis haben. Es war eine saubere Trennung. Ich hoffe nun auf ein positives Signal.”
Friedhelm Funkel kam noch oft als Freund nach Rostock zurück, besuchte Verein und Bruder, der auch unter den Cheftrainern Armin Veh und Juri Schlünz als Co-Trainer arbeitete.
Welches Vertrauen Schlünz zu Wolfgang Funkel hatte, zeigt auch dieses Detail: Als der Cheftrainer am 14. Februar 2004 vor dem Treffen bei Eintracht Frankfurt einen Infekt hatte, blieb er zu Hause, Funkel wurde „Chef für ein Spiel“ und Hansa kam mit einem 1:1 an die Küste zurück. Erst als Jörg Berger mit Co-Trainer Frank Engel zu Hansa kam, musste auch Wolfgang gehen.
Mittlerweile stieg Friedhelm Funkel sowohl mit dem 1. FC Köln als auch mit Eintracht Frankfurt aus der 2. Liga in die Bundesliga auf. Sein Aufstieg am Main war der fünfte Aufstieg ins Oberhaus, Rekord für einen Trainer! Wolfgang Funkel ist unterdessen heute Co-Trainer von Friedhelms Kumpel Wolfgang Wolf in Kaiserslautern…