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24.04.2007 11:05 Uhr

Sicherheit im Ostseestadion ist oberstes Gebot

Ein Blick hinter die Kulissen eines Bundesligaspiels

Die Bundesliga. Faszination der Millionen. Der Fußball. Ein Stück Lebensfreude. Sieg und Niederlage. Alltag und Ausbruch der Emotionen. Die Sicherheit der Fans. Für die DFL und deren Vereine das A und O! So ist das auch in Rostock, so ist das auch beim F.C. Hansa. Wer eine Eintrittskarte für die Bundesliga an der Küste erwirbt, der soll für sein Geld auch etwas geboten bekommen, der soll Spaß und Freude ausleben. Klar, der eine kann besser mit Sieg und Niederlage umgehen, logisch der andere hat mehr Emotionen als sein Nachbar. Aber: Fairplay gilt nicht nur auf dem Rasen. Fairplay gilt im ganzen Ostseestadion. Und damit jeder Besucher, jeder Gast, möglichst sorgenfrei sein Erfolgserlebnis vor, während und nach dem Match genießen kann, gibt es auch für den Zuschauer, für den Fan, auch Spielregeln für die Arena, die klar in der Stadionordnung festgelegt sind. Was viele nicht wissen, um eine ungestörte Veranstaltung zu organisieren, beginnt ein Bundesliga-Spiel praktisch für die Veranstaltungsleitung schon eine Woche vor dem Anpfiff des Schiedsrichters. Dann kommen die  Verantwortlichen  des F.C. Hansa und der Ostseestadion GmbH & Co. KG, die  Landespolizei , Bundespolizei  und Staatsanwaltschaft,  der Sicherheitspartner ABS GmbH, das DRK und die RSAG, Stadtamt und Amt  für Schule und Sport,  sowie der Cateringpartner w.Holz GmbH zur Lagebesprechung ins Haus und legen  unter Beachtung der DFB- Sicherheitsrichtlinien und des örtlichen Veranstaltungskonzeptes die Maßnahmen zu einem ordnungsgemäßen Bundesliga-Spiel und die Sicherheitsstufe fest. Immer dabei: Veranstaltungsleiter Rainer Friedrich (43), Geschäftsführer der Ostseestadion GmbH & Co. KG, sowie Stadion-Staatsanwalt Gerd Meier (60). Mit Ihnen sprachen wir über Fragen der Sicherheit, Disziplin und Ordnung im Ostseestadion.

 

Herr Meier, Sie sind seit der Wende, der Mann, der als Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft Rostock die Verbindung zwischen Verein und Staat hält, die Kontakte zur Polizei hat. Haben Sie selbst mal Fußball gespielt?
Gerd Meier: Ich war bis zu meinem 16 Lebensjahr bei Motor Rostock. Eine Meniskusverletzung bedeutete schon mit 16 Jahren das Ende der Karriere. Dann habe ich Jura studiert und mache den Job hier bei Hansa praktisch seit dem die Mannschaft damals DDR-Meister unter Uwe Reinders geworden ist. Dabei kooperiere ich wirklich sehr eng mit Rainer Friedrich, der Polizei und dem Ordnungsdienst. Ich komme eine Stunde vor dem Spiel ins Stadion, mache meinen Rundgang, kontaktiere die Sicherheitskräfte und bin letztlich im Stabspunkt Ansprechpartner für alle Probleme.

 

Herr Friedrich, mancher hat Mühe, seinen eigenen Geburtstag zu organisieren, Sie veranstalten Fußballfeste mit 20.000 bis 30.000 Zuschauern. Wie kamen Sie dazu?
Rainer Friedrich: Als kleiner Junge war ich Straßenfußballer wie andere Kinder auch. Ab 1990 kam ich über den Ordnungsdienst bzw. eine Sicherheitsfirma zu Hansa und so noch intensiver zum Fußball. Seit 1997 bin ich hauptamtlich  für den Verein tätig. Wobei ich klar sagen muss, man hat natürlich über die Jahre eine gewisse Routine und Erfahrung gesammelt. Im letzten Jahr war ich als  Führungsberater für die WM in Hamburg eingesetzt und es gab viel Lob für unsere „Mannschaft“. Aber ohne das große Team bei uns ist man nichts. Das Teamwork mit allen Organisationen und gesellschaftlichen Kräften, sowie den Partnern des Zusammenwirkens ist die Basis unserer erfolgreichen Arbeit.

 

Herr Meier, ist Staatsanwalt im Ostseestadion zu sein ein leichter oder schwerer Job?
Gerd Meier: Sagen wir so: Er ist leichter geworden. Im alten Ostseestadion und zur Wendezeit hatten wir noch nicht die Technik, die wir heute einsetzen können, um eine störungsfreie Veranstaltung zu garantieren. Das neue Stadion ist ja wirklich hochmodern und die Polizei kann sich über die vorhandenen Videoanlagen einen guten Überblick verschaffen. Früher ging uns vielleicht mal ein Rauchbombenwerfer durchs Netz. Heute haben wir Möglichkeiten, einen Menschen zu finden, der eine Münze wirft. Die digitale Auflösung macht so was möglich. Das wissen natürlich auch die meisten Fans, deshalb gibt es diesbezüglich bei uns auch relativ wenige Zwischenfälle.

 

Wirklich?
Gerd Meier: Ja, ich denke schon, das Ostseestadion ist bei allen Emotionen der Zuschauer schon sehr sicher.

 

Wie viele Ordnungskräfte sind denn bei Bundesliga-Spielen des F.C. Hansa im Einsatz?
Rainer Friedrich: Wir können ja hier nur über unsere Ordner und nicht über die Polizei reden. Aber 350 Ordner sind es bei normalen Spielen, bei Begegnungen mit besonderer Brisanz wie gegen Dynamo Dresden hatten wir auch schon 800 Ordner im Einsatz.

 

Trotzdem ist dann auch immer gleich der Staatsanwalt im Hause…
Gerd Meier: Ja, aber ich komme doch nicht, um willkürlich Leute „zu verknacken“. Ehrlich, in meiner gesamten Amtszeit gab es noch kein Delikt, wo einer aus dem Stadion heraus direkt ins Gefängnis musste. Jeder dieser Tage ist ein guter Tag. Aber natürlich kontrollieren wir gewisse Leute, die zum Beispiel Stadionverbot haben. Wir sprechen auch Platzverweise und Platzsperren aus. Wir ordnen Alkoholtest und Blutentnahmen an. Betrunkene, Randalierer, Schläger, Rowdys wollen wir nicht im Stadion haben. Jeder Zuschauer, der bei Hansa eine Karte erwirbt, soll zufrieden und gesund kommen und gehen. Aber Straftaten werden im Zusammenhang mit Fußballspielen in Rostock, ums und im Stadion rigoros geahndet. Rassistische und faschistische Verhaltensweisen, Hausfriedensbruch, Beleidigung, Diebstahl, Gewalt lassen wir nicht ungeahndet. Im Gegenteil. Da greifen wir ganz hart durch. So wie im Fall Asamoah oder Stendal. Dann entscheiden wir auch, ob ein Ermittlungsverfahren von Nöten ist oder ob man auf dem kleinen Dienstweg das Problem lösen kann. Egal von wo der Besucher kommt. Besucher bis 21 Jahre werden dabei am Tatort behandelt, ab 21 am Wohnort. So kamen ja auch einige Straftaten, die in Stendal vor einem Jahr passierten, zu uns auf den Tisch.

 

Was viele Zuschauer gar nicht wissen, im Stadion gibt es sogar einige Gefängniszellen?
Gerd Meier: Ja, für ganz hart gesottene Jungs haben wir drei karge Zellen zur Feststellung der Identität, zur Besinnung bzw. für die Zeit zum Abtransport zur Polizei oder zur Blutentnahme.

 

Wann ist für Sie ein guter Tag?
Gerd Meier: Wenn wir nicht eingreifen müssen und Hansa gewinnt.
Rainer Friedrich: Wenn ich mich trotz viel Arbeit am Spieltag auch noch über einen Sieg freuen kann.

 

Wo liegt das Problem in der Organisation eines Fußballspiels?
Rainer Friedrich: Einfach gesagt, in der Vielfalt der Dinge. Du musst oft in kürzester Zeit einfach schnell reagieren. Und das geht bei einem eingespielten Team wie unserer Mannschaft hinter der Profimannschaft sehr gut. Da möchte ich mich an dieser Stelle aber auch mal bei allen Helfern, Ordnern und Mitarbeitern, insbesondere beim Team/ Veranstaltungsorganisation für die jahrelange tolle Arbeit  bedanken.

 

Herr Friedrich, was erwarten Sie von einem Zuschauer der ins  Ostseestadion kommt?
Rainer Friedrich: Das er mit guter Laune ins Stadion kommt, die eigene Mannschaft fair anfeuert und sich über die Leistung seiner Hansa-Elf freuen kann. Ein in jeder Hinsicht zufriedener Stadionbesucher kommt schließlich auch zum nächsten Spiel. Und am liebsten ist mir als Veranstaltungsleiter, unser Ostseestadion ist immer bis auf den letzten Platz gefüllt und wir haben keine Probleme.

 

Vor der WM 2006 hat der F.C. Hansa im so genannten „Flitzerprozess“ für ein für alle Bundesligisten wertvolles Grundsatz-Urteil gesorgt. Wie ist die Sache mit den Flitzern am Ende ausgegangen?
Rainer Friedrich: Wir haben nach der Strafe vom DFB beim Oberlandesgericht Rostock einen Titel gegen die drei Flitzer erwirkt und der gilt über 30 Jahre. In dieser Zeit haben wir ein verbrieftes Recht, uns die  20.000 Euro Strafe von den Störern zurückzuholen. Aber noch wichtiger ist, dass jeder begreift, dass man sich mit einer Eintrittskarte für ein Fußballspiel nicht das Recht erwirkt, Gesetze oder Stadionordnungen außer Kraft zu setzen.

 

Danke für das hochinteressante Gespräch.