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22.10.2021 08:00 Uhr

Der F.C. Hansa Rostock gratuliert Helmut Hergesell zum 80. Geburtstag

Einst ein Außenverteidiger von Format und blitzgescheit bis zur Promotion. Heute wird Helmut Hergesell 80. Seinen F.C. Hansa wähnt er auf einen guten Weg. Herzlichen Glückwunsch zu der Erkenntnis und zum Geburtstag!

Fußball, Tennis, Golf – das ist die klassische Entwicklung eines Spielers“, doziert der ehemalige und zum Doktor erhobene Hochschulpädagoge Hergesell. Noch heute durchmisst der Stratege Rasen und Wiesen. Aber in einem anderen Tempo. Wir erinnern uns.

Einfach mal drauf gewuchtet: Im Messecup-Spiel gegen den AC Florenz am 13. November 1968 im Ostseestadion stand es kurz vor Schluss 2:2. Doch statt „La dolce Vita“ erlebten die Florentiner nun die gallebittere Realität. Quasi in der Nachspielzeit nahm aus 30 Metern Entfernung Hergesell Maß und sein Schuss überwand den fassungslosen Superchi im Tor. Fast genau ein Jahr später, als das weltberühmte Inter Mailand in Rostock gastierte und Boninsegna bereits nach zwei Minuten das vermeintlich standesgemäße Tor für die Italiener erzielte, nutzte Hergesell eine Stunde später einen Abpraller in typischer Torjäger-Manier zum Ausgleich. Gerald Sackritz in der 90. Minute traf zum Sieg für die Hanseaten. Höhepunkte einer im Grunde ruhmreichen Hansa-Ära, die gut zehn Jahre zuvor begann und in der Helmut Hergesell eine prägende Rolle spielte.

Mit Kurt Habermann wurde Hergesell 1963 aus Greifswald zum SC Empor nach Rostock „delegiert“.  Der Terminus für verheißungsvolle Talente, die in der Region schon ungeduldig mit den Töppen scharrten. Peu a peu verabschiedeten sich in Rostock die Spieler der alten „Lauterer Garde“ und die jungen Wilden schlüpften in deren Trikots. Hergesell, ein schneller Bursche, rauschte unter Trainer Walter Fritzsch in Windeseile in die Stammformation: Am 11. August 1963 gegen Turbine Erfurt (0:0) stand Hergesell bereits auf dem Rasen. Ein Pfeil an der Außenlinie mutierte zur Verteidiger-Ikone mit Auswahl-Ambitionen, die aber an den Arrivierten Manfred „Männe“ Geisler oder Bernd Bransch nicht vorbeikam. Exakt 200 Punktspiele (Abschied am 16. Dezember 1972 mit dem 1:3 bei Lok Leipzig), garniert mit zwei Vizemeisterschaften (1964, 1968) bestritt Helmut Hergesell, bevor eine komplizierte Verletzung das Ende seiner Spielerkarriere bedeutete.

Trainerkarriere in Windeseile. Zunächst im Nachwuchs, dann ab 8. März 1975 für den vom SED-Bezirksfürsten Harry Tisch höchstpersönlich geschassten Heinz Werner als Trainer der Hansa-Oberligamannschaft, für deren Fahrstuhlmentalität (zwei Abstiege, zwei Aufstiege) Hergesell keine Bremse fand. Danach reüssierte er als Diplomsportlehrer im Hochschuldienst und promovierte 1982.

Unmittelbar nach der politischen Wende nahm Helmut Hergesell Funktionen im Verein wahr: Ehrenamtlich im Hansa-Präsidium, dann Leiter der Geschäftsstelle und später Geschäftsführer. „Ich bin stolz, in Hansas sportlich bester Zeit in der Bundesliga dabei gewesen zu sein“.  Seine kritisch beäugte Verantwortung des Stadionumbaus um die Jahrtausendwende rechtfertigt Hergesell so: „Ich war viele Jahre vorab in Europa unterwegs um mir Konzepte und deren Nachhaltigkeit für neue Stadien anzuschauen. Ohne ein neues Stadion mit moderner Infrastruktur wäre meines Erachtens der Klub nicht überlebensfähig gewesen. Nach 16-monatiger Bauzeit war 2001 das neue Stadion fertig“.

Längst hatte sich Hergesell da nebenbei dem Tennis gewidmet, einem Sport, den er – ganz der Lehrer – den Unvermittelten vermittelte. Seit 15 Jahren zieht der Mann nun beim Golfen seine Runden. Und die ahnungslosen Neugierigen, die ihn frequentieren, bekommen ihre Lektion exklusiv verabreicht.

Heute hebt der „akribische Mensch“ (O-Ton Michael Mischinger) und „kluge Mann“ (Rainer Jarohs) Helmut Hergesell mit pädagogischem Zeigefinger zur Prophezeiung auf Hansas Zweitliga-Saison an: „Die Ausgeglichenheit der Liga braucht vollen Einsatz der Mannschaft um am Ende einer langen Saison bestehen zu können“.

So klingt ein Fußballtrainer. Und Jens Härtel könnte sein Jünger sein!