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19.04.2023 10:03 Uhr

DIE KOGGE GRATULIERT: HANSA-FOTOGRAF RAINER SCHULZ WIRD 80

Bunter Hund mit Fotos in schwarz-weiß: Der F.C. Hansa gratuliert heute einer Rostocker Reporter-Legende, die zu den langjährigen Wegbegleitern unseres Vereins gehört. Rainer Schulz wird 80.

F.C. Hansa Rostock

Der Mann hat vieles gesehen und – ruckzuck! – festgehalten. Mit dem Fotoapparat. Rainer Schulz ist eine Persönlichkeit im Rostocker Bildjournalismus. Ein Besuch bei ihm ist nicht für das kurze Protokoll bestimmt. Dafür hat der Mann in über 40 Jahren Berufserfahrung ganz einfach zu viel erlebt. Schon der Journalist Erwin Gossing bekannte einmal: „Rainer muss mit einer Kamera auf die Welt gekommen sein“. Und Schulz sinniert: „Diese fotografische Ader habe ich wohl von meinem Vater geerbt“. Die Akkuratesse der Aufnahmen, die Ästhetik der Fotos. Nicht zu vergleichen mit den Arbeiten der Presseleute, die der junge Schulz etwas nassforsch als „Flüchtigkeitsfotografen“ bezeichnete.

1965 wurde Rainer Schulz Fotograf bei der Ostsee-Zeitung. Dem jungen Mann winkten gleich die wichtigen Themen der Rostocker Stadtgeschichte. Er war mit der Kamera beim Spatenstich für das Neubaugebiet in Lütten Klein dabei und hielt auch die Gründungsversammlung des FC Hansa Rostock in Fotos fest. Zeitzeugnisse für die Ewigkeit. Bei den jährlichen Rostocker Ostseewochen in den 1960er-Jahren reiste die erste Riege der DDR-Politiker, mit Walter Ulbricht an der Spitze, zur Stippvisite an. Der Aufbau des Sozialismus sollte gebührend dokumentiert werden. Doch die Technik war störanfällig. 1967 erhielt Schulz eine japanische Kleinbildkamera, Marke Asahi Pentax. „Die war leicht und zuverlässig. Ich habe sie viele Jahre genutzt. Vor allem bei Sportveranstaltungen, wo es darauf ankam, den besonderen Moment festzuhalten, tat sie hervorragende Dienste“, schwärmt der Fotograf.

Rainer Schulz bekennt: „Ich war quasi überall zu Hause, weil ich sehr kontaktfreudig bin“. Beste Voraussetzungen für ihn in der täglichen Arbeit. Er interessierte sich für alles. Vom Bauer über den Fischer bis hin zu den hemdsärmeligen Arbeitern holte er sich die Menschen vor die Linse, schuf Vertrauen und bildete authentische Sequenzen ab. „Auf der Warnowwerft war ich bekannt wie ein bunter Hund“, erinnert sich Rainer Schulz schmunzelnd.

Und nicht nur dort. Schulz hatte die Kamera auch auf den Sport gerichtet. Fußball? Na klar. Jahrzehntelang ging er als „Hansa-Fotograf“ durch, weil er bei Wind und Wetter im Ostseestadion war und – logisch – auch die legendären Messe-Cup-Spiele gegen Nizza, Florenz und Inter Mailand ablichtete. Schulz sah man bei den Ruderern, den Boxern, den Leichtathleten, bei Spartakiaden und auf Sportfesten. „Marita Koch kenne ich seit ihrem 13. Lebensjahr“, verrät er. Die Zeit der Leipziger Turn- und Sportfeste, von Schulz stets gern wahrgenommen, beanspruchten den Mann restlos. Von Sportstätte zum Stadion und zur Halle, sämtliche Sportarten im Fokus, Fotos schießen („kein Dauerfeuer, ich verballerte nicht zu viele“), entwickeln, abschicken, nächstes Ziel. „Zehn Tage lang – da weiß man, was man gemacht hat“, erklärt Schulz.

Zeitdruck war des Pressefotografen größter Rivale. Als Schulz 1974 die Eröffnung des Kernkraftwerkes in Lubmin fotografierte, da wurden später die belichteten Filme durch einen Kurier mit Blaulicht nach Rostock transportiert. Im Fußball hatte sich längst eine eigenwillige Depesche bewährt. Für die republikweite Oberliga-Berichterstattung übergab Schulz die Fotos entweder dem wartenden Reporter des Berliner Sportverlages oder am nächsten Morgen dem Zugführer des ersten D-Zuges nach Berlin, damit der sie in Lichtenberg weiterreichte. „Das handhabten alle Fotografen der Republik so“, erinnert sich Rainer Schulz an diese heute kaum noch vorstellbaren Umstände.

Ab 1990 bis 2004 war Rainer Schulz Foto-Chef der OZ. Neue Perspektiven, neue Technik, neue Herausforderungen. Als er, ausstaffiert mit diversen Ehrungen (Kulturpreis des Bezirkes Rostock 1974, DDR- Sportfoto des Jahres 1978, Journalistenpreis 1983), seinen Abschied nahm, liefen die geballte Sportprominenz und wichtige Leute aus der Politik zusammen. Anekdoten, schwarz-weiß und in Farbe. Namen, Erlebnisse ohne Ende. Schulz mittendrin. Ehefrau auch. „Ohne Annerose hätte ich gar nicht so erfolgreich arbeiten können“, gibt Rainer Schulz zu. Harte Zeiten mit ihm? „Jawohl!“, nickt sie lächelnd. 58 Jahre ist das Pärchen verheiratet, hat zwei Töchter und Enkelkinder.

Die geistige Frische hat er sich bewahrt. Noch immer greift Schulz zur Kamera und fotografiert. Und noch immer ist er dabei der kontaktfreudige Menschenfänger. Eine Ikone des Foto-Journalismus in Rostock. Nicht jeder kann das von sich behaupten.