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19.03.2021 15:10 Uhr

Die Stärken effektiv zusammenführen: Uwe Speidel und Kevin Rodewald im Interview

Uwe Speidel bekleidet seit dem 01.01.2021 das Amt des Fußballehrers am NLZ unseres F.C. Hansa, Kevin Rodewald wirkt mittlerweile seit vier Jahren beim FCH und übernahm am 01.07.2020 den Posten des Sportlichen Leiters am NLZ. Wir haben beide zu ihren neuen Aufgaben, der gemeinsamen Abstimmung, den Umgang mit der Corona-Pandemie und den zukünftigen Zielen befragt.

Moin Uwe, stell Dich unseren Fans gerne einmal vor und verrate uns, warum Du dich für unseren F.C. Hansa Rostock entschieden hast.

Ich bin seit dem 01.01.2021 hier beim F.C. Hansa und habe fast 25 Jahre im Profifußball, aber auch im Nachwuchs, beispielsweise bei Benfica Lissabon oder Bayern München, gearbeitet. Im letzten Jahr hatte ich einige sehr gute Gespräche mit Stefan Beinlich, der jemanden für diese Position bei Hansa suchte. Als ich hier alles kennengelernt habe, entschied ich mich, dass es eine sehr reizvolle Aufgabe ist, in der man einiges bewegen kann. Ich denke auch, dass wir hier sehr gute, wenn nicht sogar hervorragende Voraussetzungen haben. Wir sehen hier vor allem sehr großes Entwicklungspotenzial, was wir in den nächsten Jahren durch konkrete Ideen vorantreiben wollen.

Du hast sehr viel Erfahrung sammeln können, wie möchtest Du diese beim FCH einbringen?

In meinen bisherigen Stationen, speziell als Co-Trainer, war ich auch immer für die Integration der Jugendspieler in den Profibereich verantwortlich. Deshalb habe ich sehr genaue Vorstellungen davon, was ein junger Spieler mitbringen muss, um es in den Profibereich zu schaffen. Der Sprung vom Nachwuchs in den Profibereich ist eine riesige Herausforderung und viele Spieler scheitern daran. Ich glaube da kann man viel verbessern und dazu möchte ich hier mit meinem Knowhow beitragen.

Was bist Du für ein „Typ“ Fußballlehrer, wie würdest du dich beschreiben?

Ich habe die unterschiedlichsten Trainer kennengelernt, ob es Jupp Heynckes oder Norbert Meier waren, die völlig verschiedene Trainertypen abbilden und unterschiedliche Herangehensweisen haben. Ich habe versucht mir das herauszusuchen, was meinem Charakter entspricht und was für mich am vielversprechendsten erscheint. Dabei versuche ich meine eigene Identität miteinzubringen und meine Erfahrung einfließen zu lassen.

Wie sieht Dein Alltag als Fußballehrer momentan aus?

In den ersten Wochen haben wir viel über Strukturen und Möglichkeiten der Verbesserung diskutiert. Ich habe mir einen Eindruck verschafft, inwieweit bestimmte Dinge verändert oder optimiert werden könnten. Ich schaue mir natürlich auch die Trainingseinheiten an, um einen Eindruck über den Leistungsstand der Nachwuchsspieler zu erhalten.

Wie war die Umstellung vom Trainer der U-17 zum Sportlichen Leiter des NLZ, Kevin?

Relativ einfach, ich bin jetzt im vierten Jahr hier und habe ein gewohntes Umfeld. Natürlich ist die Verantwortung eine ganz andere, man ist in gewissen Entscheidungsprozessen stärker eingebunden und man hat eine andere Außendarstellung. Alle Trainer haben mir das Leben sehr einfach gemacht. Dadurch, dass man sich kennt und schätzt, ist eine gewisse Basis vorhanden. Es war generell ein fließender Übergang, der Zeitaufwand ist natürlich gestiegen, das hängt aber auch immer damit zusammen, welchen Anspruch du an dich selbst hast. Unser Anspruch ist immer ein extremer, wir messen uns immer am Maximum.

Wie definierst Du diesen "extremen" Anspruch genau?

Also für uns gilt das Motto: „Immer mehr machen als alle anderen.“ Du musst jeden Tag so viel investieren, dass du weißt, du hast alles gegeben. Wenn du es nicht getan hast, dann versuche besser zu sein und etwas zu ändern, damit diese Antwort so lautet. Wir wollen hier strukturiert arbeiten, professionell arbeiten und die Zeit optimal nutzen. Du musst die Kogge auch ordentlich vertreten und dazu gehört Fleiß, Ehrgeiz und Leidenschaft.

Ihr arbeitet Hand in Hand, wie harmoniert Ihr gegenseitig, wie stimmt ihr euch ab?

Uwe: Wir haben in vielen Punkten eine sehr ähnliche Meinung, das ist von Vorteil. Wir haben aber auch unterschiedliche Stärken, die jeder einbringt. Die Stärken führen wir sehr effektiv zusammen, wir finden gemeinsame Schlüsse und setzen diese dann um.

Kevin: Ich würde noch die Zwischenmenschlichkeit ergänzen, welche generell sehr entscheidend ist. Bei uns beiden ist es einfach so, dass wir uns positiv überraschen. Wir harmonieren schon sehr gut und haben Lust darauf, uns jeden Morgen zu treffen, bis in den Abend zu fachsimpeln, uns auszutauschen, an Dingen zu tüfteln und eine gleiche Idee zu entwickeln. Am Ende kommen wir zu einem Gesamtpaket und es macht super viel Spaß, jemanden wie Uwe an der Seite zu haben.

Ihr habt die Entwicklung von Ideen angesprochen, gibt es einen klassischen Ausbildungsplan oder werden Pläne individuell aufgestellt?

Kevin: Man muss sagen, dass die letzten Jahre schon in die Richtung gegangen sind, dass jeder Trainer seine Qualitäten hatte, man darauf vertraut hat und jeder seinen eigenen Plan hatte. Deswegen haben wir beschlossen, einen einheitlichen Ausbildungsplan zu entwickeln, dass jeder Spieler altersspezifisch ausgebildet wird - wir nennen das Ausbildungstreppe. Die Kombination aus Ausbildungstreppe und Ausbildungsplan beinhaltet einen bestimmten Rahmen, den wir an die Trainer weitergeben, die können sich dann in diesem Rahmen bewegen. Wir haben eine gewisse Verantwortung dem Verein gegenüber und dazu zählt die einheitliche und aufbauende Ausbildung.

Wie muss man im Nachwuchs mit den Spielern umgehen? Die Altersgruppen unterscheiden sich im Verhalten und in der Reife ja schon.

Uwe: Es ist immer individuell und hängt nicht nur von dem Spieler, sondern auch von den Rahmenbedingungen, in denen sich der Spieler bewegt, ab. Da sprechen wir vom sozialen Umfeld, von Schule, von Familie, deswegen ist das auch eine sehr aufwendige Aufgabe. Im Fußball hat man, trotz der mannschaftlichen Komponente, auch immer mit Individuen zu tun, das darf man nicht vergessen. Es gibt deshalb keine pauschale Lösung - die Aufgabe ist es, sich intensiv mit jedem Spieler auseinanderzusetzen und für jeden die bestmöglichen Lösungen zu finden.

Wir müssen auch über das Thema Corona-Pandemie sprechen - Welche Auswirkungen hatte die Pandemie auf Euch, auf den Nachwuchs und auf das NLZ?

Kevin: Am Ende brauchen wir natürlich nicht drum herum reden. Es ist Ausbildungszeit, die uns fehlt, Wiederholungen die uns fehlen. Wenn du alles analysierst ist eindeutig, dass nicht alles so ganz normal weiterlaufen wird. Wir haben als NLZ und Verein auch eine soziale Verantwortung: Wir versuchen, die Jungs jetzt so viel wie möglich kicken zu lassen, wir müssen nämlich erstmal das zurückholen, was am meisten verloren gegangen ist und das ist die Freude und der Spaß."

Habt Ihr Leistungsminderungen beobachten können, wie würdet Ihr die Lage einschätzen?

Uwe: Minderungen definitiv, weil wir im fußballspezifischen Bereich kaum etwas machen konnten. Auch im physischen Bereich haben uns die Jugendtrainer bestätigt, dass sich einige Spieler mehr bewegt haben als vorher, andere jedoch deutlich weniger. Es wird sich zeigen, inwieweit die Schere bezüglich des Leistungsniveaus auseinander gegangen ist und ob man diese möglichst schnell verringern kann.

Kevin: Im physischen Bereich siehst du schon deutlich wer die Pläne verfolgt hat und wer nicht. Wir haben die Jungs ja auch nicht alleine gelassen, wir haben Pläne erstellt und Cyber-Trainings durchgeführt. Da siehst du, wer hat die Zeit genutzt und wer weniger.

Zum Abschluss eine klassische Frage: Was steht bei Euch auf der Agenda, was sind eure Ziele?

Uwe: Kurzfristig gesehen geht es jetzt erstmal darum, alles zu ermöglichen, den Jungs die Freude am Spielen wiederzubringen und schnell wieder Fuß fassen, um auch wieder in den Alltag zurück zu kommen, nicht nur sportlich auch sozial.

Kevin: Ganz oben steht aber die Ausbildung der Spieler. Hier wollen wir die Jungs in ihrer Entwicklung als Sportler und Persönlichkeit begleiten und fördern. Am Ende ist es natürlich unser aller Ziel, möglichst viele Talente unserer Profiabteilung zu übergeben.