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20.12.2007 17:01 Uhr

Enrico Kern - Das schönste Jahr meines Lebens!

Die Hansa-Profis sind in der Winterpause. Es ist eine Zeit, um das Fußballjahr Revue passieren zu lassen. Nach der Hinrunde in der Fußball-Bundesliga 2007/2008 und vor der Rückrunde im neuen Spieljahr trafen wir uns mit Enrico Kern. Er war einer von 15 Bundesliga-Neulingen des F.C. Hansa Rostock und in 16 Spielen mit fünf Treffern der erfolgreichste Torschütze der Mannschaft von Frank Pagelsdorf. Für Hansa-Online gab er dieses ausführliche Interview.


Enrico, mit welchen Gedanken verlassen Sie das Jahr 2007?
Enrico Kern: Dieses 2007 wird nach der Geburt meiner Tochter sicherlich als das schönste Jahr meines Lebens in meiner Laufbahn eingehen. Wir sind mit Hansa aufgestiegen, ich habe geheiratet, ich habe meine ersten Bundesligaspiele – und Tore gemacht und wir stehen auf einem Nicht-Abstiegsplatz. Dies alles ist erst einmal toll, ist positiv, ist erfreulich.

 

Dem Aufstieg in die Bundesliga folgte eine harte Zeit?
Enrico Kern: Richtig. Die Negativserie von fünf verlorenen Spielen zum Auftakt war natürlich unschön, unerfreulich, bedenklich. Jeder von uns hat in dieser Zeit Tribut gezollt.

 

Aber am Ende steht Ihr nach 17 Spielen über dem Abstiegsstrich?
Enrico Kern: Genau. Mit dem Sieg gegen Bochum hatten wir einen positiven Abschluss. Das ist gut für die Seele, das ist gut für die Tabelle, das ist gut für die Zukunft. Im letzten Saisonspiel konnten wir alle negativen Begleiterscheinungen der letzten sieben Spieltage abschütteln. Wir konnten positiv in die Winterpause gehen. Aber jeder sollte diese Hinrunde als eine Warnung sehen.

 

Warum?
Enrico Kern: Wenn jetzt der 34. Spieltag wäre, würde ich sagen, alles war toll, wir haben unser Ziel erreicht. Aber so ist das ja nicht. Wir sind in der Winterpause, es ist Halbzeit und wir haben noch gar nichts erreicht. Aber wir haben die Chance als Bundesliga-Aufsteiger unser Ziel auch zu packen. Jeder geht positiv, und doch gewarnt, ins neue Spieljahr. Wir haben als Neuling zeitweilig einen Negativtrend abgewehrt, wir haben eine gemeinsame Linie gefunden, wir konnten eine Talfahrt beenden. Aber wir haben noch ganz viel Arbeit vor uns. Man sollte doch nicht vergessen, dass wir eine ganz junge Truppe von 25 Jahren sind und mit 15 Neulingen in dieses Spieljahr gingen. Dementsprechend haben wir auch Lehrgeld gezahlt.

 

Die Rückrunde wird sicherlich nicht leichter?
Enrico Kern: Genau. Es wird verdammt schwer. Ab Platz 10 muss sich jede Mannschaft auf den Abstiegskampf einstellen. Vor und hinter uns haben viele Teams zum  Saisonende noch mächtig gepunktet. Jeder wird sich verstärken. Es wird ein Hauen und Stechen, einen enormen Kampf gegen den Abstieg geben. Aber das wissen wir, darauf sind wir eingestellt. Wichtig wird sein, wie wir jetzt aus den ersten fünf Spielen kommen. Ob wir eine Serie starten können.

 

Dein Urteil über die Saison?
Enrico Kern: Es war nicht alles positiv. Aber wir haben oft gezeigt, dass wir mitspielen können.

 

Wie wichtig wird die Wintervorbereitung?
Enrico: Bei mir war es immer so, gute Wintervorbereitung, gute Saison. Ich hoffe, dies bleibt so.

 

Du bist am 2. Januar zwei Jahre in Rostock. Wie sieht Deine persönliche Bilanz aus?
Enrico Kern: Ich bereue nichts, ich habe alles richtig gemacht. Als ich kam stand ich an einem persönlichen Scheideweg und wusste, hopp oder topp. Jetzt bin ich mit der Mannschaft aufgestiegen und in der Bundesliga angekommen. Darauf bin ich stolz, darüber freue ich mich. Die Stadien, die Fans, das Umfeld, alles ist total spannend und genial. Ich habe mich damals aus dem Bauch für Hansa entscheiden und eine gute Entscheidung getroffen. Das Umfeld ist toll, die Mannschaft hat Potential und Zukunft, das Trainerkollektiv und das Funktionsteam sind total professionell. Es passt. Auch dass inzwischen meine Familie, die mich immer toll unterstützt hat, jetzt bei mir lebt, macht alles noch schönes.

 

Du hast immer an das Potential der Mannschaft geglaubt?
Enrico Kern: Genau. Ich sehe doch jeden Tag im Training was die Jungs können. Aber alle sind eben jung und hungrig. Was ihnen oft fehlt ist Erfahrung, Cleverness. So etwas schafft natürlich auch mal Fehler. Aber die kann man mit Fleiß abstellen. Doch Spieler wie Kai Bülow, Tim Sebastian oder Marc Stein sind noch jung und ihre Leistungsskala ist nach oben offen. Das werden wir sehen. Auch dass Spieler wie Tobias Jänicke, Tom Buschke, Sebastian Albert schon hinten dran stehen, zeigt, wie Hansa hier kontinuierlich und systematisch klug arbeitet. Wichtig ist, fleißig zu arbeiten, engagiert an die Sache zu gehen, Angst und Scheu zu verlieren und Selbstbewusstsein und Stabilität zu präsentieren. In manchen Spielen ist uns das gelungen, in einigen fehlten diese Qualitäten noch. Aber das ist für so eine junge Truppe normal.

 

Was erwartest Du von 2008?
Enrico Kern: Erst einmal Frieden und Gesundheit für alle. Aber dann steht unser Auftrag, Klassenerhalt. Wir werden nicht um den UEFA-Cup spielen, aber wir können 10. bis 15. werden. Wir müssen uns dazu schnell finden.

 

Viele Teams werden noch einmal aufrüsten?
Enrico Kern: Genau. Wir werden da wohl nur kleine Brötchen backen. Aber das ist auch eine Herausforderung.

 

Der Name Gledson ist immerhin im Gespräch?
Enrico Kern: Gledi ist ein toller Spieler, der es in Stuttgart schwer hat. Wenn er zurückkäme, wäre das toll. Er war eineinhalb Jahre unser Leistungsträger in der Mannschaft, er kennt hier alles und wir kennen ihn.

 

Über den DFB-Pokal könnte die Mannschaft selbst Geld einspielen?
Enrico Kern: Genau. Warum sollten wir in der 3. Runde gegen einen ekligen Gegner wie Hoffenheim nicht weiterkommen und mal eine Pokalserie wie einst Aachen erreichen? Das Spiel dort wird am 29. Januar schwierig, aber es ist nicht unlösbar. Dafür müssen wir Gas geben…

Stefan Beinlich machte als Kapitän nur acht Spiele, Du warst in der Regel Kapitän. Wie siehst

 

Du heute Deine Rolle?
Enrico Kern: Paule ist ein so toller Typ, der ist auch wichtig, wenn er nicht spielt, aber dabei ist. Er hat einen tollen Charakter und viel Erfahrung, die er gerne weitergibt. Ich versuche in seiner Rolle mich auch einzubringen. Aber ich sehe diese Rolle nicht so wichtig. Ich bin ein Mannschaftsspieler und Teamplayer. So verhalte ich mich auch in der Gruppe. Wobei ich eine gewisse Anerkennung schon innerhalb und außerhalb der Mannschaft spüre.

 

Wo spielte die Mannschaft für Dich optimal?
Enrico Kern: Das Spiel bei Hertha war richtig gut, 70 Minuten gegen Cottbus waren toll und das Spiel gegen Bochum hat auch gezeigt, was wir zu leisten in der Lage sind.

 

Wo liegen die Defizite?
Enrico Kern: Man kann nicht sagen in der Abwehr, im Mittelfeld oder im Angriff. Es sind überall Details, die es abzustellen gilt. Wir zahlen für kleine Fehler und Unkonzentriertheiten, mal in der Defensive, mal in der Offensive. Zwei 0:3-Spiele sind das zum Beispiel. Oder: Mal fehlen die Chancen, mal nutzten wir sie nicht. Es muss auch bei unserer jungen Mannschaft einfach mehr Konstanz rein. Es reicht in der Bundesliga nicht mit 50, 70 oder 80 Prozent ins Spiel zu gehen. Wir müssen immer 100 Prozent abrufen. Das Positive: Egal ob Sieg oder Niederlage, Euphorie oder Pleite, wir sind eine gute Truppe mit einem großen Zusammenhalt. Dies zeigte jetzt, als es um Alles ging, auch das Bochum-Spiel. Da haben wir auch die Bremse gefunden, die Talfahrt abgewendet.

 

An den letzten Spieltagen ist auch Dein Kumpel Jörg Hahnel endlich in der Bundesliga angekommen. Wie hast Du das erlebt?
Enrico Kern: Jörg ist ein Teamplayer, wirklich auch ein typischer Mannschaftsspieler. Er hat sich hinter Mathias Schober und Stefan Wächter angestellt und als Nummer 2 nie rumgemotzt, immer positiv gedacht und ruhig und cool sein Schicksal getragen. Nun bekam er seine Chance und hat gezeigt, dass wir uns auf ihn verlassen können. Sein Einstand in Leverkusen war blöd für ihn. Aber nach dem Sieg gegen Bochum war ich der erste Gratulant bei ihm. Er ist für die Truppe sehr wertvoll…

 

Wie gehen Sie in die Feiertage und den Jahreswechsel?
Enrico Kern: Die Saison war sehr kraftaufwendig. Ich brauche jetzt mal die Ruhe und Besinnung, ich freue mich auf meine Familie und Freunde. Und dann sehen wir uns am 2. Januar Nachmittag in der DKB-Arena wieder.

 

Danke für dieses Interview, Frohe Weihnacht und Guten Rutsch.

 

Enrico Kern: Dies wünschen ich auch allen unseren Fans von ganzen Herzen.