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23.06.2006 08:21 Uhr

Ex-Hanseat Marcus Allbäck trifft auf Deutschland

Das schwedische Team mit dem ehemaligen Hansaspieler Marcus Allbäck zeigte erst in den letzten 45 Minuten der Vorrunde, was in ihm steckt und geht mit gemischten Gefühlen in das Duell mit Deutschland.

Ex-Hanseat Marcus Allbäck hat seinen Teil beigetragen. Er hat ein Tor geschossen beim 2:2 (0:1) gegen England, nicht irgendein Tor, sondern das 2000. in der Geschichte der Weltmeisterschaft. Aber es war eines zu wenig, um Deutschland aus dem Weg zu gehen.

Marcus Allbäck hat im Laufe seiner Karriere auch mal in Rostock gespielt, bei Hansa. Und er hat noch jede Menge Erinnerungen an den Verein. "Sehr nett dort alles", sagt er, "nette Leute, netter Klub." Leider ist Hansa dann abgestiegen, und Allbäck wanderte weiter, nach Dänemark zum FC Kopenhagen. Natürlich ist der 32-jährige Stürmer an diesem späten Dienstagabend gehörig in den Fokus gerückt, auch weil er früher mal in Deutschland Fußball gespielt hat und Schweden jetzt am Samstag in München im ersten Achtelfinale dieser WM eben auf den Gastgeber trifft. "Schade, dass wir nicht Gruppenerster geworden sind", sagt er: "Es wäre sicher besser gewesen, gegen Ecuador zu spielen als gegen Deutschland."


Spiele gegen Schweden

Gesamtbilanz: 31 Spiele, zwölf Siege, sechs Unentschieden, 13 Niederlagen.

Die Spiele bei WM und EM: 31. Mai 1934, Mailand, WM-Viertelfinale: Deutschland - Schweden 2:1 (0:0). 24. Juni 1958, Göteborg, WM-Halbfinale: Schweden - Deutschland 3:1 (1:1). 30. Juni 1974, Düsseldorf, zweite WM-Finalrunde: Deutschland - Schweden 4:2 (0:1). 21. Juni 1992, Stockholm, EM-Halbfinale: Schweden - Deutschland 2:3 (0:1).
Trotzdem war Allbäck ziemlich zufrieden mit sich, mit der Leistung seines Teams, mit seinem Tor. Es war sein erstes bei seiner zweiten WM, und in den vorangegangenen Spielen gegen Trinidad & Tobago und Paraguay, als er eingewechselt wurde, hat er ziemlich viele Chancen versiebt. Der Partie gegen die DFB-Auswahl sieht er dennoch, wie fast alle aus dem Team, mit einiger Gelassenheit entgegen. Klar seien die Deutschen Favorit, sie hätten das Publikum im Rücken und den Heimvorteil in München auf ihrer Seite. "Der Druck liegt aber auch bei ihnen", sagt er. Ein "offenes Spiel" erwartet Mattias Jonson, der die rechte Seite bei den Skandinaviern beackert, die Chancen aufs Weiterkommen stünden fifty-fifty. Fredrik Ljungberg, der im Achtelfinale auf Jens Lehmann, seinen Mannschaftskollegen beim FC Arsenal, treffen wird, glaubt an ein besonderes Spiel. Er sei nur traurig darüber, dass "wir so früh auf Gastgeber Deutschland treffen". Die wohl ungewöhnlichste Formulierung zum ersten Aufeinandertreffen der beiden Kontrahenten bei einer WM seit 1974 (4:2 in Düsseldorf) wählte Verteidiger Teddy Lucic, auch mal kurzzeitig bei Bayer Leverkusen unter Vertrag: Er sprach von einem "funny game" - von einem lustigen Spiel.


Wie stark ist Schweden wirklich?

Am Tag danach hat Lars Lagerbäck, der Coach der Nordeuropäer, ganz ernsthaft gesagt, Deutschland spiele einen guten Fußball, verfüge "trotz der zwei leichten Tore gegen Costa Rica" über eine solide Abwehr und einen guten Sturm. "Wir wissen, dass es ein schwieriges Spiel geben wird." Es ist vor allem so, dass die Schweden bislang recht geschickt verbergen konnten, wie stark (oder schwach) sie eigentlich sind. Ein wenig erinnert das Drei-Kronen-Team an eine Wundertüte: Man weiß nie, was rauskommt.

Eigentlich, sagt Allbäck, habe sich in den letzten zwei Jahren taktisch "in unserem Spiel wenig geändert": solide Abwehr, mannschaftliche Geschlossenheit, starke Physis. Trotzdem sind die Schweden derzeit schwankend in ihrer Leistung: Da gab es die ersten beiden Spiele gegen die vermeintlichen Kleinen, gegen Trinidad & Tobago blamierten sie sich torlos, gegen Paraguay traf Ljungberg erst ganz spät. Auch gegen England wirbelten die Nordeuropäer in den ersten 45 Minuten allenfalls mächtig Staub auf, effektiv, gar erfolgreich war ihr Spiel noch lange nicht. Insbesondere der im Vorfeld dieser WM so über den grünen Klee gelobte Sturm (Ibrahimovic, Ljungberg, Larsson) kam kaum in Schwung. Zudem fiel Ibrahimovic, der exzentrische Angreifer, im zweiten Spiel verletzungshalber aus. Gegen Deutschland, heißt es, könnte er wieder fit sein. Erst in der zweiten Halbzeit in Köln nahm das Schweden-Spiel Fahrt auf, da fielen die Treffer von Allbäck und Larsson, die gegen die in der Luft an sich so starken Engländer bemerkenswerterweise per Kopf trafen, da krachten Bälle an die Latte oder wurden von der Linie gekratzt, da stand Schweden kurz vor dem Sieg. Gegen Deutschland werde man an die Leistung aus dieser Halbzeit anknüpfen müssen, sagt Lagerbäck.

Und es gibt noch drei Dinge, die den Coach zuversichtlich stimmen. Erstens: "Wir sind zurückgekommen." Das haben die Schweden mit den Deutschen gemeinsam: nie aufgeben. Zweimal lag Schweden zurück, 0:1 (J.Cole) und 1:2 (Gerrard), aufgeben kam nicht in Frage. "Das ist der Charakter dieser Mannschaft", sagt Lagerbäck, "das ist unsere Stärke", sagt Allbäck. Das 1:2 fiel in der 85. Minute, das Spiel schien gelaufen. "Solche Partien", sagt Kim Källström, der Mittelfeldmotor, machen einen zu einem besseren Spieler." Dazu, zweitens, sind die Skandinavier nach Standards eminent gefährlich, beide Tore resultierten aus brandgefährlich getretenen Ecken, die fast Torschüssen ähnelten. Und drittens sind sie, auch wenn sie nicht gut spielen, allemal schwer zu besiegen. Wikinger eben.

Quelle: Frankfurter Rundschau, THOMAS KILCHENSTEIN