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24.09.2007 13:03 Uhr

10 Jahre gewerblicher Ordnungsdienst beim F.C. Hansa Rostock

Wir kennen alle die Bilder von Großveranstaltungen. Hier die Polizei, da die Ordner. Die gesellschaftlichen Verhältnisse haben sich in den letzten Jahrzehnten arg verändert. Das ist so bei großen Events. Das ist so im Sport. Das ist auch so in der Bundesliga. Der DFB hat mit harten Richtlinien auf Missstände im Lande reagiert, im Westen und im Osten unseres Landes, die DFL ebenso. Hier existiert kein sportliches, hier existiert ein gesamtgesellschaftliches Problem, welches der Staat mit dem Sport lösen muss. Das Bedürfnis nach Schutz und Ordnung ist heute bei allen Fußballspielen ausgeprägter denn je. Tragödien wie einst in England oder Belgien dürfen sich nie wiederholen. Bedrohte Schiedsrichter, angegriffene Linienrichter, verletzte oder beleidigte Zuschauer oder Spieler darf es in unseren Stadien einfach nicht mehr geben. Was der Verein F.C. Hansa von seinen Zuschauern verlangt, ist in der Stadionordnung im Internet oder auch an den  Aushängen in der DKB-Arena sehr ausführlich nachzulesen (www.dkb-arena.de).

Einen Ordnungsdienst, oft auch ehrenamtlich, gab es schon immer. Früher allerdings begleiteten oft nur einige Polizisten und Ordner Fußball-Veranstaltungen, heute sind es „Hundertschaften“. Auch in Rostock wurde zum Schutze der Akteure und Zuschauer in den letzten 50 Jahren „aufgerüstet“. Der Bundesligist F.C. Hansa hat sich den aktuellen Gegebenheiten in seiner über 40-jährigen Geschichte immer wieder angepasst. Seit nunmehr 10 Jahren wird der Veranstaltungsschutz des F.C: Hansa Rostock in der für diesen Zweck geschaffenen Abteilung Sicherheit koordiniert. Sie besteht aus professionellen Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes ABS-GmbH und Mitgliedern des vereinseigenen Ordnungsdienstes.
Wir sprachen zum Jubiläum mit dem Sicherheitsbeauftragten des F.C. Hansa Rostock Jörg Hübner (42), über diese wichtige Arbeit im Dienste des Vereins, des Sports und des Zuschauers.

 

Herr Hübner, wie viele Ordnungskräfte kommen an einem Spieltag zum Einsatz?
Jörg Hübner: DFB und DFL unterscheiden nach Gefährdungslage. Deshalb sind die Zahlen unterschiedlich. Bei Spielen der Bundesliga setzten wir ca. 400 Kräfte ein, bei der 4. Liga und den Junioren-Bundesliga sind es ca. 15.

Dabei stellen der gewerbliche Ordnungsdienst und der vereinseigene jeweils ca. die Hälfte der eingesetzten Kräfte.
50 Prozent davon sind übrigens junge Frauen, die einen tollen Job machen. Man kann sogar feststellen, in vielen Situationen lösen sie mit ihrem Charme und ihrer Diplomatie Einsatzaufgaben problemloser.

 

Erinnern Sie sich noch an Ihren ersten Einsatz für Hansa?
Jörg Hübner: Das war vor elf Jahren gegen St. Pauli im eigenen Stadion. Da ging es mit einer Rauchbombe gleich turbulent zu. Ich war Ordner am Tor im alten Gästeblock.
Ein Jahr später wurde unser vereiseigener Ordnungsdienst gegründet. Zwölf Leute sind von der ersten Stunde dabei.

 

Stehen Sie mit Ihrem Job mehr für Ordnung oder mehr für Sicherheit?
Jörg Hübner: Für beides. Wir, meine Stellvertreter Michael Stiewe und Sebastian Zech sowie ich, betrachten uns mit unserem Team in erster Linie als Dienstleister für den normalen Gast, der sicher eine gut organisierte  Veranstaltung erleben soll. Wir helfen dem Gast beim Finden seines Platzes, bringen Behinderte an ihre Tribüne.
Aber unser Auftrag ist natürlich die Durchsetzung der Stadionordnung! Zur Kenntnis genommen werden wir leider oft nur, wenn wir unsere Zuschauer vor Störern schützen müssen.

 

Glauben Sie, dass sich Zuschauer und Ordnungsdienst mit dem nötigen Respekt gegenüber stehen?
Jörg Hübner: Ja, davon bin ich überzeugt. Der Zuschauer hat sich extrem verändert. Er will seine Sicherheit, er will Ruhe und Ordnung. Der Zuschauer steht uns inzwischen sogar als Helfer zur Verfügung. Er spürt, dass mancher nicht nur sich ins eigene Fleisch schneidet, sondern dem Verein schadet. Ein Fan will das nicht. Der Fan spürt nach Stendal oder Essen sogar, dass Unverbesserliche ganz nah dran sind, die Existenz des Vereins aufs Spiel zu setzen. Wir kriegen inzwischen von Zuschauern Hinweise, hier oder da einzugreifen.

 

Wie hat sich seither Ihre Arbeit verändert?

Jörg Hübner:  Im alten Ostseestadion haben wir im Keller gearbeitet, heute, in der DKB-Arena,  arbeiten wir unter nahezu optimalen Bedingungen. Mann muss sich nur die gemeinsame Sicherheitszentrale unter dem Dach anschauen. Hier können wir optimal mit Veranstaltungsleiter Rainer Friedrich, dem Staatsanwalt Gerd Meyer und den Führungskräften der Polizei zusammen arbeiten

 

Welche Qualifikation muss man mitbringen, um bei Ihnen eingesetzt zu werden?
Jörg Hübner: Der DFB und die DFL geben die Richtlinien vor. Das beginnt schon beim Alter. 18 Jahre muss ein Ordner mindestens sein. Wichtig ist uns ein hohes Persönlichkeitsprofil. Die Jungs und Mädchen brauchen Fingerspitzengefühl. Dann bilden wir sie aus und dann arbeiten sie im Stadion.

 

Wie haben Sie Ihr Personal in den letzten Jahren geschult?
Jörg Hübner: Neben eigenen Schulungen gibt der DFB ja die Arbeitspläne vor. Aber ich reagiere natürlich auch auf die Tagesarbeit. Wichtig ist, dass wir mit gefestigten Mitarbeitern arbeiten, die auch diplomatisch sein können. Manchmal bewundere ich da schon unsere Jungs und Mädchen.

 

Begleiten Sie nur Veranstaltungen des F.C. Hansa Rostock?
Jörg Hübner: Nein.
Wir waren zum Beispiel bei der WM 2006 mit unseren Kräften in Hamburg. Seitens der FIFA wurde unser Einsatz besonders hervorgehoben
 
Ist es leichter ein Fußballspiel oder ein Pop-Konzert zu sichern?
Jörg Hübner: Mehr Bewegung ist im Fußballspiel. Nach der Einlass-Kontrolle, die ja sehr sensibel durchgeführt werden muss, sind die Fans bei Konzerten einfach unkomplizierter. Da geht es sinnlicher zu. Fußballspiele schaffen mehr Emotionen über die Zeit der Veranstaltung.

 

Wann liegt ein guter Tag hinter Ihnen, wann gehen Sie aus dem Stadion zufrieden nach Hause?
Jörg Hübner: Wenn wir keine Vorkommnisse und gewonnen haben.

 

Welche Note würden Sie dem Rostocker Publikum geben?
Jörg Hübner: 99 Prozent unserer Zuschauer haben eine 1 verdient, ein Prozent bekommen von mir eine 4 minus. Leider fallen die anständigen Fans nie so richtig auf, nur die Randalierer kriegen die Schlagzeilen und die sind dann natürlich negativ. Das ist bitter und bringt uns immer wieder in ein schiefes Licht.

 

Was ist schwieriger, auf die eigenen Fans zu achten oder auf die der Gastmannschaft?
Jörg Hübner: Unsere eigenen Fans kennen wir natürlich besser.

 

Was war für Sie der schwierigste Einsatz?
Jörg Hübner: Auf Grund der Premiere eines Länderspiels nach der Wende und der politischen Situation war eindeutig das Länderspiel Deutschland gegen die USA das schwierigste Spiel. Aber wir haben es ebenso gut über die Runden gebracht, wie die Begegnung gegen Georgien.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal die Zusammenarbeit mit der Rostocker Polizei bei den Spielen des FC Hansa Rostock hervorheben. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen dass wir hier in Rostock eine nicht selbstverständliche Qualität in diesem Bereich erreicht haben.

Reisen Sie auch dem F.C. Hansa in Kooperation mit den Gegnern hinterher?
Jörg Hübner: Auch das ist eine Veränderung inzwischen. Wir reisen mit der Mannschaft mit. Bis zu 25 Leute sind manchmal für uns im Einsatz. Inzwischen arbeiten wir auch mit einem Videoteam. Einige wenige so genannte  „Hansa-Fans“ glauben leider immer wieder in der Ferne anonym die Sau raus lassen zu können. Dies versuchen wir mit unseren Einsatzkräften zu verhindern. Wir kennen unsere Pappenheimer.
Auch die Zusammenarbeit mit dem Fanbeauftragten Axel Klingbeil und Peter Schmidt vom Fanprojekt hilft uns bei den Reisen sehr.

 

Vor vier Jahren haben Sie den Goldenen Schlagstock im Internet für den fanfeindlichsten Ordnungsdienst der Bundesliga bekommen, sind auch oft dafür hart kritisiert worden, in schwarzen Kampfanzügen und vermummt aufgetreten zu sein. Was haben Sie daraus für Konsequenzen gezogen?
Jörg Hübner: Na ja, diese Wahl ist so ein Ding. Mal abgesehen, dass auch die Frankfurter Polizei diese „Auszeichnung“ bekommen hat, haben wir leider nie herausfinden können wofür wir ausgezeichnet worden sind. Bemühungen unsererseits mit dem Gremium ins Gespräch zu kommen scheiterten. Es blieb beim Internet-Auftritt dieser Leute, gestellt haben sie sich nicht. Leider.
Generell stehen wir kritischen Bemerkungen offen gegenüber und haben nicht selten
aus sachlicher Kritik eine Verbesserung unserer Tätigkeit ableiten können.
Das mit den schwarzen Anzügen haben wir selbst schon vor der Auszeichnung als negativ ausgewertet und abgeschafft. Heute tragen unsere so genannten sieben Verfügungs-Teams zu je fünf Leuten graue Anzüge.
Weiße Jacken tragen unsere Innenraum-Kräfte und der normale Ordner hat eine rote Jacke. Das ist dann doch heller, sportlicher  und wirkt freundlicher. 

 

Interessieren Sie sich mit Ihren Mitarbeitern eigentlich auch für Fußball. Die meisten Ordner haben schließlich Ihren Blick auf die Zuschauer gerichtet bzw. arbeiten vor den Toren des Stadions?
Jörg Hübner: Ich bin seit elf Jahren, wie viele andere Ordner auch Mitglied im Verein.
Beim Spiel hast Du oft gar keine Zeit dich um das Match zu kümmern.
Wir betrachten den Spielverlauf vordergründig unter sicherheitsrelevanten Aspekten.
Aber wir bangen natürlich wie jeder Hansa Fan auch mit den Jungs auf dem Rasen.
Schließlich hat auch ein Ordner den FC Hansa im Herzen, anders wäre dieser Job gar nicht in der nötigen Qualität machbar.