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27.04.2006 15:40 Uhr

Manfred Wimmer "Wir haben uns mehr erhofft"

Die Fußball-Saison 2005/2006  neigt sich dem Ende zu. Der F.C. Hansa Rostock hat – so viel ist leider jetzt schon sicher - als Absteiger aus der Bundesliga sein Ziel, den sofortigen Wiederaufstieg, nicht erreicht. Im Interview mit der Online-Redaktion von FC-Hansa.de äußert sich Manfred Wimmer (51), der Vorstandsvorsitzende des F.C. Hansa, zur aktuellen sportlichen Situation beim F.C. Hansa Rostock und gibt schon einen ersten Ausblick auf das Fußballjahr 2006/2007.

Hansa-Online: Herr Wimmer, Der F.C. Hansa ist heute von der DFL benachrichtigt  worden, dass der Verein die Lizenz für die Zweitligasaison 2006/2007 erhält...

Wimmer: Das ist richtig. Wir freuen uns darüber, die Lizenz ohne Bedingungen erhalten zu haben. Es war schließlich gar nicht so einfach, die wirtschaftlichen Auswirkungen des Abstiegs und die  Halbierung des Etats in den Griff zu bekommen.

Hansa-Online: Gibt es denn seitens der DFL noch irgendwelche Auflagen, die die Lizenzerteilung beinhaltet?

Wimmer: Die uns erteilten Auflagen beinhalten die Vorlage der Bilanz zum 30.06.2006, die monatliche Vorlage einer betriebswirtschaftlichen Auswertung (Soll-Ist-Vergleich) sowie den Nachweis der Einhaltung der geplanten Personalaufwendungen. Das sind übliche Festlegungen der DFL, wie sie seit Jahren im Lizenzierungsverfahren angewendet werden.

Hansa-Online: Vier Spieltage vor Saisonende zeichnet sich ab, dass der F.C. Hansa sein eigenes Ziel, den sofortigen Wiederaufstieg, nicht erreichen wird…

Wimmer: Für ein endgültiges Fazit ist es vier Spieltage vor dem Saisonende noch zu früh. Wir haben noch drei Heimspiele, und ich erwarte da einfach, dass die Mannschaft in jedem dieser Spiele alles gibt, gut und erfolgreich Fußball spielt und unter Beweis stellt, dass wir mit der jungen Truppe auf einem guten Weg sind.

Hansa-Online: Der Tabellenplatz entscheidet ja außerdem wohl auch über die Fernsehgelder, die der Verein bekommt?

Wimmer: Die Endplatzierung dieser Saison ist wirklich nicht ganz unbedeutend für die Verteilung der Fernsehgelder im kommenden Spieljahr. Da geht es um richtig viel Geld.

Hansa-Online: Wie bewerten Sie momentan die Leistung der Profis in der 2. Liga?

Wimmer: Unter dem Strich bleibt ganz klar festzustellen, dass wir unsere Zielstellung verfehlt haben.

Hansa-Online: Wo sehen Sie als Vorstandsvorsitzender die Gründe?

Wimmer: Die Ursache dafür ist sicher maßgeblich im katastrophalen Saisonstart zu sehen. Nach vier Spieltagen hatten wir noch keinen Punkt und waren nach dem Urteil vieler Fußballexperten bereits zu 60% in die Regionalliga abgestiegen. Trotzdem hatten wir im Verlauf der Saison mehrfach die große Chance, das Ziel doch noch zu erreichen, haben diese aber immer wieder vergeben. In entscheidenden Spielen ist es der Mannschaft nicht gelungen, ihr Potential abzurufen. Das war ärgerlich.

Hansa-Online: Bereits nach dem zweiten Spieltag wurde Trainer Jörg Berger beurlaubt. War es falsch, nach dem Abstieg aus der Bundesliga an ihm festzuhalten?

Wimmer: Viele, die damals die Verpflichtung von Jörg Berger gefeiert haben, stellen heute erstaunlicherweise genau diese Frage. Fakt ist: Wir haben mit Jörg Berger in der Saison 2004/2005 22 Punkte geholt, davon 19 Zähler allein in der 2. Halbserie. In einer Rückrundentabelle hätten wir den 13. Platz belegt. Darum waren wir sicher, mit ihm unsere Zielstellung zu erreichen. Die Praxis hat uns dann eingeholt…

Hansa-Online: Zurück zum laufenden Spieljahr. Viele Kritiker behaupten, nicht alle Neuverpflichtungen sind so eingeschlagen, wie man sich das gewünscht hätte?

Wimmer: Das stimmt und darüber ärgern wir uns doch wirklich selbst am meisten. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass es nach dem Abstieg aus der Bundesliga zwingend notwendig war, die wirtschaftliche Situation zu meistern, einen Umbruch im Lizenzspielerkader zu vollziehen und Spieler zu verpflichten, die ablösefrei waren. Mit Miso Brecko, Marcel Schied, Gledson, Enrico Kern und Tobias Rathgeb konnten sich fünf von anderen Vereinen verpflichtete Spieler absolut durchsetzen. Genauso freuen wir uns über die Entwicklung eigener, junger Spieler wie Kai Bülow, Martin Pohl, Anton Müller, Marc Stein und Patrick Jahn. Wir sind überzeugt, dass Enrico Gaede seinen Weg noch gehen wird. Leider konnten sich Zsolt Löw, Oumar Kondé und Flavio aus den unterschiedlichsten Gründen nicht durchsetzen. Wichtig ist, dass wir den Weg des Umbruchs jetzt weiter Schritt für Schritt vollzogen haben und so viele junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs den Weg nach oben gefunden haben. Die Zusammenstellung unseres Lizenzspielerkaders erfolgt im Übrigen immer in enger Zusammenarbeit zwischen Manager und Trainer und ist nie das Werk eines Einzelnen.

Hansa-Online: Da ist jetzt immer wieder von den „jungen Wilden“ die Rede. Macht Ihnen das Mut für die Zukunft?

Wimmer: Tatsächlich, als bekannter Verfechter des Jugend-Fußballs erfreut mich das: Schauen Sie sich die Fakten an: Die Liste der vielversprechenden Nachwuchsspieler, die Frank Pagelsdorf im Verlaufe dieser Saison in die Mannschaft einbaute, ist beeindruckend. In Kai Bülow (19), Clemens Lange (20), Marc Stein (20), Miso Brecko (21), Tim Sebastian (22), Anton Müller (22), Marcel Schied (22), Patrick Jahn (23), Djordjije Cetkovic (23), Amir Shapourzadeh (23) und Tobias Rathgeb (23) hat der F.C. Hansa insgesamt 11 Spieler, die 23 Jahre alt oder jünger sind. Abwehrmann Martin Pohl ist erst 25.  Insgesamt haben 13 Spieler aus dem eigenen Nachwuchs den Sprung ins Profiteam geschafft.

Hansa-Online: Aber man kann nicht nur mit der Jugend den Himmel stürmen. Oder?

Wimmer: Das wissen wir. Um diese Spieler und einige erfahrene Profis wie Torhüter Mathias Schober, Kapitän René Rydlewicz, Abwehrchef Gledson, Michael Hartmann oder den neuen Torjäger Enrico Kern, der es seit seiner Verpflichtung in der Winterpause auf sieben Tore gebracht hat, will Frank Pagelsdorf für die neue Saison eine schlagkräftige Mannschaft formen und den Umbruch beim F.C. Hansa fortsetzen.

Hansa-Online: Nach dem Ausscheiden von ehemaligen anerkannten DDR-Oberligaspielern wie Dr. Helmut Hergesell bzw. dem Rücktritt von Rainer Jarohs werfen Kritiker dem Vorstand immer mal wieder gerne mangelnden Fußballsachverstand vor.

Wimmer: Das ist eine oberflächliche Einschätzung. Der Verantwortliche für den Lizenzspielerbereich Herbert Maronn ist seit mehr als 15 Jahren im Bundesligageschäft tätig und wegen seines Fußballsachverstandes unter seinen Kollegen in der Bundesliga ein anerkannter und geachteter Fachmann. Er arbeitet natürlich eng mit den Trainern zusammen und bezieht darüber hinaus z.B. mit unserem Scout Jürgen Heinsch, der als Aktiver mehr als 200 Spiele für den F.C. Hansa bestritt und auch als Trainer für unseren Verein tätig war, erfahrene Fußballfachleute in seine Arbeit mit ein. Oder: Das verantwortliche Vorstandsmitglied für den Nachwuchsbereich Bernd Ziemer hat viele Jahre in den verschiedensten Trainerstationen gearbeitet. Ich selbst bin mittlerweile mehr als 20 Jahre in den unterschiedlichsten Bereichen hautnah dabei und sollte so schon in der Lage sein, fußballerische Aspekte zu beurteilen.

Hansa-Online: Der F.C. Hansa rangiert im Moment nur auf dem 7. Platz. Ist das nicht zu wenig für einen Verein, der in der 2. Bundesliga zu den finanzstärksten gehört?  

Wimmer: An dieser Stelle gilt es, mal mit dem Märchen vom F.C. Hansa als einem der reichsten Zweitligavereine aufzuräumen. Etatvergleiche zwischen Vereinen hinken immer, weil unterschiedliche Strukturen und Verfahrensweisen solche Vergleiche nur schwer zulassen. Darum an dieser Stelle vielleicht nur drei Beispiele, die sich auf offizielle Zahlen der DFL stützen: Die Gesamt-Aufwendungen der Vereine der 2. Bundesliga, die in der Saison 2004/2005 die Plätze 1-6 belegten, betrugen im Durchschnitt pro Verein 21,7 Millionen Euro. Für Personalkosten des Lizenzbereiches haben diese Vereine im Durchschnitt 8,1 Millionen Euro ausgegeben. Die Personalkosten der Verwaltung in diesen sechs Vereinen betrugen durchschnittlich 1,1 Millionen Euro. Der F.C. Hansa plant für die kommende Saison mit Gesamtausgaben von ca. 14 Millionen Euro, mit Personalkosten im Lizenzbereich von ca. 6,1 Millionen Euro und Personalkosten in Handel und Verwaltung von ca. 0,6 Mill. Euro.

Hansa-Online: Wagen Sie schon einen Ausblick auf die Saison 2006/2007?

Wimmer: Zunächst wird nach dem letzten Spiel ein endgültiges Fazit der Saison 2005/2006 zu ziehen sein. Trotz der Tatsache, unsere Zielstellung nicht erreicht zu haben, kann der Verein in vielen Bereichen positive Ergebnisse vorweisen. Das geht z.B. von den Merchandising-Ergebnissen über die Fanarbeit bis zu den Erfolgen im Amateur- und Nachwuchsbereich. Die Vorbereitung der neuen Saison ist weit fortgeschritten. Wir haben momentan Verträge mit 17 Spielern, wollen mit 23 Spielern in die neue Saison starten. Gegenwärtig wird alles unternommen, um Spieler zu verpflichten, die zu uns passen und uns helfen, die Zielstellung für 2006/2007 zu erreichen. Das heißt, im nächsten Spieljahr vom ersten Spieltag an zu den Vertretungen zu gehören, die um den Aufstieg in die Bundesliga kämpfen.

Vielen Dank für das Gespräch