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14.09.2009 12:28 Uhr

Marco Kostmann: Partner der Torhüter

Im Sommer gab es im Tor die große Wachablösung an der Küste: Fußball-Lehrer Marco Kostmann, Sohn des einstigen DDR-Torjäger Gert Kostmann, löste Torwart-Legende Perry Bräutigam, der zu RB Leipzig wechselte, beim F.C. Hansa Rostock als Torwarttrainer ab. Der gebürtige Rostocker Kostmann trainiert  von den Profis bis zur B-Jugend insgesamt neun Torhüter. Die KOGGE-Redaktion sprach mit dem einstigen Bundesligaprofi und DDR-Jugendnationalspieler, der auch als Torwarttrainer für die Elfenbeinküste und den DFB-Nachwuchs sowie in Schleswig-Holstein als Landestrainer seine Erfahrungen sammelte.

Marco, mal ehrlich, ist Torwart ein Einzel- oder ein Mannschaftssport?
Marco Kostmann: Ehrlich, früher war es für mich ein Einzelsport, heute sehe ich ihn als Mannschaftssport. Ohne die Integration der Nummer 1 ins Team geht es nicht. So muss man auch trainieren.

Aber…
Marco Kostmann: Der Torwart hat in der Mannschaft eine Alleinstellung. Er ist der Einzige, der in einem begrenzten Raum den Ball mit der Hand spielen darf und jede Aktion ist spielentscheidend. Fehler sind nur sehr selten korrigierbar – führen oft sofort zum Gegentor. Der Stellenwert des Torhüters ist in den letzten Jahren gestiegen, die Position ist attraktiver geworden seit der Rückpassregel, da die fußballerischen Qualitäten  der Keeper mehr gefordert sind, er dadurch auch eine Anspielstation ist.

Wie würdest Du das Torhüterspiel definieren?
Marco Kostmann: Es ist eine reine Schnellkraftsportart, jede Aktion geht über die Schnellkraft.

Also muss man in diese Richtung auch trainieren?
Marco Kostmann: Genau. Zu meiner aktiven Zeit wurden die Keeper noch etwas anders trainiert. Ich bin noch in Trainingseinheiten endlos durch eine Sandgrube geflogen, war nach dem Training nicht selten total ausgepowert. Da habe ich mich oft gefragt, ob das so richtig ist.

Wie machst Du es heute?
Marco Kostmann: Grundsätzlich gilt für das Training: Was verlangt das Spiel von uns? Welchen Bewegungsablauf hat der Torwart und wie kann ich diesen optimieren? Ich sehe jeden Spieler als Individuum und trainiere ihn auch so. Ich arbeite daran, seine individuellen Stärken zu verbessern. Jeder Torwart lernt anders, hat unterschiedliche Stimmungen, auf welche ich im Individualtraining viel differenzierter eingehen kann. Ich begleite die Torhüter auf ihrem Weg und helfe mit Korrekturen. Den Ehrgeiz und den Willen müssen sie selber mitbringen. Dies ist bei allen Keepern, die ich hier bei Hansa trainiere der Fall. Sie motivieren mich jeden Tag – das macht meine Aufgabe hier zu einem absoluten Traumjob. Ich bin für die Torhüter da – nicht umgekehrt.  Und ich will, dass sich die Torhüter von den Profis bis zu den Jugendspielern mit dem Verein identifizieren. Sie sollen stolz sein, bei Hansa im Tor zu stehen.

Wie würdest Du Alexander Walke und Jörg Hahnel beschreiben?
Marco Kostmann: Beide haben mit den Jahren und im Spiel viel Erfahrung gesammelt. Leistungsunterschiede sind minimal. Alex ist ein absoluter Siegertyp mit großer Willenskraft. Ein Athlet. Er hat diese aggressive Geduld, ihm sollte man im Spiel nicht zu nahe kommen. Jockel ist ein akribischer Arbeiter mit einer gewissen Lockerheit, er ist lernwillig und will der Truppe immer helfen. Er ist auch auf der Bank ein Typ mit positiver Ausstrahlung. Wenn er jetzt hinter Walke steht, fordert er Spielpraxis in der Zweiten ein. Das ist positiv und angriffslustig!

Und was kommt hinter den beiden?
Marco Kostmann: Andreas Kerner. Er hat absolutes Entwicklungspotenzial. Wir haben sein Trainingsprogramm etwas umgestellt – weniger Kraft mehr Dehnung und Beweglichkeit. Er will Profi werden, er hat Ehrgeiz und fragt oft nach, saugt jeden Hinweis auf wie ein Schwamm. Neulich habe ich ihn sogar an seinem freien Tag beim Joggen erwischt. Da sieht man, der sucht seinen Weg, der will was erreichen.

Klingt alles sehr positiv?
Marco Kostmann: Ich denke, zwischen den Pfosten ist Hansa gut besetzt. Hinter Walke, Hahnel und Kerner haben wir mit Kirsch (Jahrgang 90), Müller (91), Ladwig (91), Brinkies (93) und Schekatz (94) Jungs, die mit viel Herz und Leidenschaft trainieren. Das größte Potenzial haben dabei sicherlich Kevin Müller und Johannes Brinkies, die Stammkeeper der A- und B-Jugend. In denen steckt Zukunft. Da lohnt es sich, zwölf Stunden auf dem Platz zu stehen. Da falle ich dann nach der Arbeit gern bei mir draußen in Rostock-Parkentin fast wie leblos ins Bett.

Torhüter haben mit Torhüter-Trainern eine Sonderstellung, glaubst Du, dass es auch bald Trainer für rechte Verteidiger oder Linksaußen gibt?
Marco Kostmann: Der Fußball sollte als Mannschaftssportart erhalten bleiben. Wir als Trainer müssen den engen Kontakt zur Mannschaft behalten. Alles, was dem Erfolg zuträglich ist, nutzen wir. In einem riesigen Trainerteam steckt aus meiner Sicht auch immer die Gefahr, genau diesen Kontakt zu verlieren. Jeder Spieler muss wissen, wie der Trainer tickt und über Fußball denkt. Genau so wollen wir wissen und spüren, wie jeder Spieler sich fühlt und tickt.