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04.06.2010 11:40 Uhr

Porträt Peter Vollmann: Vom Irak in die DKB-Arena

Ausgeruht, voller Energie und mit ganz konkreten Plänen – so präsentierte sich der neue Hansa-Cheftrainer Peter Vollmann (52) bei seiner Vorstellung.

Peter Vollmann wurde am 22. Dezember 1957 in Linge bei Gummersbach geboren, ist Fußballlehrer der Kölner Sporthochschule und lebte zuletzt mit seiner Familie in der Nähe von Münster, vier Autostunden von Rostock entfernt. In seiner Jugend war Borussia Mönchengladbach sein Lieblingsverein.

Peter Vollmann unterschrieb - wie auch schon auf anderen Stationen seiner Karriere - erst einmal einen Vertrag für ein Jahr. Vollmann über sich: „Ich bin ein offener Typ, ein Mensch der geradeaus ist. Ich stehe für großes Engagement und gute Organisation. Ich sage, was ich denke, habe gewisse Erwartungen und höre mir alles an, ehe ich meine Entscheidungen treffe. Der FC Hansa steht vor einer großen Herausforderung, wobei es gut ist, dass wir mit einem neuen Team von Anfang an darauf reagieren können.“

Der Rostocker Trainer hat mit seiner Frau Ulrike drei Töchter (Simone 22, Ilka 24, Marleen 26) und war in der jüngsten Vergangenheit von Zweitligist Alemannia Aachen bzw. dem bisherigen Drittligisten und Absteiger Wuppertaler SV umworben, nahm nun aber die Offerte der Hanseaten an.

Vorstandsvorsitzender Bernd Hofmann: „Wir haben einen Trainer gesucht, der die Liga kennt, der hungrig und engagiert ist, sich auch in allen deutschen Spielklassen auskennt und bereits bewiesen hat, dass er eine Mannschaft in die 2. Liga führen kann. Denn dort wollen wir wieder hin.“

„Nach dem Abstieg ist es sicher keine leichte Sache, aber wir werden jetzt Tag und Nacht arbeiten und eine vernünftige Mannschaft zusammenstellen", erklärte der Trainer, der noch kein konkretes Saisonziel ausgab: „Wir wollen einen ehrlichen Fußball mit einer beständigen Qualität spielen. Aber erst nach dem sechsten Spieltag kann ich sagen, wohin die Reise geht. Diese Situation in Rostock ist für mich nicht neu, ich kenne sie aus meiner Zeit bei Fortuna Köln.“

Vollmann scheut dabei keinen Druck: „Das kenne ich seit 19 Jahren.“ Der neue Trainer favorisiert wie Manager Stefan Beinlich als Spielsystem ein 4:4:2 und einen Kader von 20 Feldspielern und zwei Torhütern. „Ich bevorzuge dabei eine Mischung von alten und jungen Spielern.“

Als Fußballer kickte Peter Vollmann früher für die Vereine TuS Lindlar, SSV Marienheide und Rot-Weiß Lüdenscheid. Mit Lüdenscheid spielte er Anfang der 1980er Jahre in der 2. Bundesliga, kam jedoch nur auf zwei Einsätze.

Seine Trainer-Laufbahn begann Peter Vollmann 1993. Als Trainer war er bei den Vereinen Rot-Weiß Lüdenscheid, SG Wattenscheid, zweimal bei Preußen Münster, Eintracht Trier, KFC Uerdingen, SC Fortuna Köln, Eintracht Braunschweig, zweimal bei Holstein Kiel bzw. Real Tamale United und RealSportiv in Ghana, bildete danach Fußball-Trainer in Tansania aus. „Die Zeit in Afrika möchte ich nicht missen“, erklärte Peter Vollmann.

Im deutschen Fußball arbeitete der Fußballlehrer bis zum 15. Dezember 2008 bei den „Störchen“ in Kiel. Als Herbstmeister in der 4.Liga wurde er plötzlich und unerwartet abgelöst und damals durch Falko Götz und Andreas Thom ersetzt.

In den Montagszeitungen stand noch, dass Peter Vollmann "sehr zufrieden" sei mit dem 3:1-Sieg beim VfB Lübeck. "Ein absolutes Kampfspiel" sei das gewesen, fand Peter Vollmann, Coach des Fußball-Regionalligisten Holstein und wie jeder anständige Trainer fügte er an, dass er sich natürlich freue über den Herbstmeistertitel, der aber nicht viel zu bedeuten habe. In den Dienstagszeitungen stand dann, dass Peter Vollmann "menschlich maßlos enttäuscht" sei. Er hatte inzwischen gemerkt, warum der Herbstmeistertitel nicht viel bedeutet: Peter Vollmann war am Tag nach der Herbstmeisterschaft entlassen worden.

Auch dies stand damals in den Gazetten zu lesen: „In solchen emotionalen Momenten findet man nicht viele Worte“, meinte Peter Vollmann anschließend, ging nochmal kurz in „seine“ Kabine zu Torwarttrainer Klaus Thomforde und kam mit gepackter Sporttasche wieder heraus. Ein letzter Händedruck mit Zeugwart Norbert Duffner („Mir tut das sehr leid“) – so endete die knapp zweijährige Tätigkeit des damals 50-jährigen Fußball-Lehrers an der Förde.

Vollmanns Bilanz an der Kieler Förde: Der Fußball-Lehrer wird als einer der erfolgreichsten Trainer in die Vereinsgeschichte der „Störche“ geführt. In 55 Spielen unter seiner Leitung seit Februar 2007 hat die KSV 132 Punkte geholt. Viel besser geht es nicht. In Kiel hatte Peter Vollmann zuletzt mit Peter Zanter (45) zusammengearbeitet.

Nach seinem Job in Kiel arbeitete Peter Vollmann für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) als Aufbauhelfer im zerstörten Irak. Seit dem Rücktritt des Thüringers Bernd Stange als Coach der irakischen Nationalmannschaft 2004 war kein deutscher Fußballer mehr am Tigris. Nun also kam Peter Vollmann mehr als zehn Mal für eine Woche bzw. mehrere Tage in den Irak als Aufbauhelfer. Die „WELT“ schrieb nach einem Besuch:

Eine Woche lang coachte Peter Vollmann in Bagdad irakische Fußball-Trainer.

Bewaffnete Bodyguards holen ihn morgens vom Hotel ab, fahren zum Stadion und sind auch beim Training dabei. Trotz verbesserter Sicherheitslage ist es zu gefährlich, allein in der Stadt herumzulaufen. Angst vor Anschlägen hat er trotzdem nicht.“

Entwicklungshilfe aus Deutschland: Peter Vollmann gibt irakischen Trainern im Shaab-Stadion von Bagdad Anweisungen. Sie laufen über den Platz, spielen sich die Bälle zu, dribbeln und üben das Ballabgeben, stehen sich gegenüber wie zwei Mannschaften auf dem Spielfeld. Der Trainer im blauen Sportanzug spornt an, ruft auf, verteilt Lob und Kritik und brüllt immer wieder ein deutsches Wort in die Runde: „Schneller, schneller, schneller!“ Darauf eine andere Stimme auf Arabisch: „Bsorra, bsorra, bsorra!“

Vollmann leitete in dieser Zeit vor allem die 34 besten Trainer des Landes an. Mitte März arbeitete der deutsche DFB-Botschafter im FIFA-Auftrag u.a. auch im kurdischen Erbil bzw. im südirakischen Basra.

Nun beginnt sein Job an der Warnow in Rostock am 1. Juli 2010 mit dem ersten Engagement in den neuen Bundesländern. Am 14. Juni ist schon der erste Trainingstag. Bis dahin muss er für die 3. Liga mit Manager Stefan Beinlich eine konkurrenzfähige Mannschaft zusammen stellen. Am 23. Juli steht bereits der erste Spieltag der dritten Liga auf dem Programm.

Peter Vollmann über seinen neuen Arbeitgeber: „Der F.C. Hansa ist im deutschen Fußball noch immer eine große Marke. Insofern freue ich mich auf meine Aufgabe in Rostock. Ich weiß, dass vor uns eine Herkulesaufgabe liegt. Ich weiß jedoch auch, dass diese Aufgabe auch eine große Chance für einen Neuanfang ist. Wir haben jedenfalls keine Zeit zu verlieren und legen los“, erklärte Peter Vollmann.