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14.04.2017 10:00 Uhr

RÜCKPASS: HANSA-GESCHICHTE(n): Auswahllorbeeren wie Brennnesseln

Mit der Feld-, Wald- und Wiesenweisheit, dass „früher alles besser war“, kommt man heutzutage auf keinen grünen Zweig. Am 15. April 1972, also vor exakt 45 Jahren, hatte der F.C. Hansa den 1. FC Magdeburg in der DDR-Oberliga zu Gast. Der Tabellensechste empfing den Tabellenführer. Hansa ohne Joachim Streich, der 1.FCM mit voller Kapelle. Herrmanns frühes Tor für die Elbestädter (9. Min.) konterte Helmut Hergesell umgehend mit einem Schuss an die Lattenunterkante. Mehr ging nicht an diesem Tag, an dem der souverän auftrumpfende 1.FC Magdeburg mit seinen Protagonisten (Zapf, Abraham, Seguin, Sparwasser) letztlich 3:0 gewann und seinen alsbald folgenden ersten Meistertitel manifestierte. Aus Hansa-Sicht blieb nur das solide Punktspieldebüt des noch 17-jährigen Jörg „Eiche“ Seering festzuhalten.

Diese Punktspiel-Scharte konnten die Hanseaten erst achteinhalb Jahre später auswetzen. Am 6. September 1980 trafen zwei ungeschlagene Mannschaften in der Spitzenpartie des dritten Spieltages aufeinander. Hier der Rostocker Aufsteiger, dort der Favorit (nach zwei Siegen und neun Toren) aus der Elbestadt. „Bitte rücken Sie noch etwas zusammen“, forderte Stadionsprecher Karl-Heinz Kordt. 30 000 Zuschauer im Ostseestadion, gepfercht wie Zündhölzer in der Streichholzschachtel. Hansa ohne den verletzten Kapitän Kische! Der kreiste wie ein Maskottchen hinterm Hansa-Tor. Das blieb von den Magdeburgern unbehelligt. Dagegen rannten die Rostocker Musketiere Schlünz, Schulz und Mischinger gegen die Favoriten-Wucht an und vorne zog Jarohs, ein Mittelstürmer mit dem technischen Filigran eines Eintänzers, eine Show ab. Ihn konnten die Kanthölzer im Magdeburger Aufgebot nicht schrecken. Er entwickelte deutlich mehr Torgefahr als auf der Gegenseite die beiden renommierten Streich und Hoffmann zusammen. „Denen müssen ihre Auswahllorbeeren ja wie Brennnesseln vorkommen“, ätzte der Sportjournalist Wolfgang Hartwig.

Die Kulmination des Spiels: Juri Schlünz stürzte im Strafraum über Cramers Bein: Elfmeter! Rainer Jarohs hämmerte das Leder mit brachialer Gewalt ins Toreck.

Fazit: Früher war auch nicht alles schlecht. Und heute?