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20.01.2018 08:30 Uhr

RÜCKPASS: HANSA-GESCHICHTE(n): Einer für die markigen Momente

Am 16. Januar feierte Olaf Spandolf runden Geburtstag. Der 60-Jährige gehört zu der Spezis Fußballer, bei deren Hansa-Karriere nicht sofort die Lampen der Erinnerung leuchten. Aber natürlich wird er an dieser Stelle gewürdigt.

Es war der 19.März 1977 und Hansa steckte mittendrin im Abstiegskampf der DDR-Oberliga. Die Partie gegen den Mitkonkurrenten Vorwärts Frankfurt kam zunächst wie altes Graubrot daher: nicht anzuschauen geschweige denn zu genießen. Die Hansa-Kogge und das alte Oberliga-Schlachtschiff  Vorwärts (sechsmal Meister!) tuckerten im seichten Pfuhl mit einer Attraktivität unterhalb der Wahrnehmung. Schon barmte der Sportjournalist Jürgen „Kuppe“ Nöldner, die einstige Vorwärts-Ikone, mit den nervösen Hemden in Blau und Gelb, da brachte Hansa-Trainer Helmut Hergesell nach 69 Minuten Olaf Spandolf ins Spiel. Der funktionierte sofort, legte gleich Rainer Jarohs den Ball zum 1:0 vor und traf später selbst zum 2:0-Endstand. Nöldner schrieb sich die Kuppen mit der Schlagzeile rund: „Spandolf kam noch rechtzeitig in das Hansa-Spiel!“

Ein Dreivierteljahr zuvor hatte die Sportöffentlichkeit Spandolf noch gar nicht auf dem Radar. Dass die Hansa-Kogge zu Saisonbeginn 1976 junge Leute an Deck holte war augenscheinlich: Mischinger (20 Jahre), dazu Jarohs (19) und Uteß (19). Während die schon reüssierten mischte Spandolf im Born der Talente die Nachwuchs-Oberliga auf. Prompt debütierte er im Oberhaus am 6.November 1976 beim 1:2 in Erfurt. Sein erstes Tor schoss er im Februar 1977 gegen Magdeburg. Hansa selbst erzielte in der Rückrunde jener Saison insgesamt nur fünf Treffer – der Klabautermann war gleichzeitig das Abstiegsgespenst.

Liga-Alltag und Oberliga-Rückkehr. Spandolf besaß Stammspieler-Potenzial und hatte dennoch zu wenige Einsätze. Er wechselte zur „Hansa-Filiale“ Schifffahrt/Hafen, wurde mit ihr A-Staffelsieger der DDR-Liga 1981 und gehörte zu jener legendären Elf, die in der Aufstiegsrunde den höher dotierten 1.FC Union Berlin sensationell mit 3:0 bezwang. Seine Renaissance bei Hansa gestaltete sich zunächst ganz verheißungsvoll. Schon am 2. Spieltag der Saison 1981/82, im Spiel gegen Meister BFC (1:1), war Spandolf als Abwehrchef und Torschütze der beste Mann auf dem Feld. Dennoch war letztlich die Leistungshürde für ihn beim Koggen-Club zu hoch. Nach insgesamt 38 Einsätzen (7 Tore) ging das Kapitel Hansa zu Ende. Nochmal eine Stippvisite bei Schifffahrt/Hafen, dann wechselte Spandolf zu Vorwärts Neubrandenburg, später KKW Greifswald, Stahl Eisenhüttenstadt und ISG Schwerin-Süd.

Ein Ausreiseantrag in den Westen begrub Ende der 1980er- Jahre sofort Spandolfs Fußballerkarriere. Die machte er dafür beruflich. Seit 30 Jahren arbeitet Spandolf für BMW in Bayern. Nebenher fungierte er zu Hansas Bundesligazeiten als Scout im süddeutschen Raum. Seine Bindung zu Hansa heute? Noch immer über seine Spezis Axel Schulz und Rainer Jarohs. Und vom Tegernsee aus sieht Olaf Spandolf heute mit Interesse die Koggen-Kicker: „Sie spielen endlich wieder Fußball!“