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30.03.2021 13:42 Uhr

RÜCKPASS: HANSA-GESCHICHTE(n): Feiertag zum Feiertag

Feste muss man feiern wie sie fallen. Auf den Fußball umgemünzt bedeutet dies, dass die Kicker vermittels Siege ihren exorbitanten Anteil daran haben. Folglich auch der F.C. Hansa, der in den vergangenen Wochen fast schon inflationär in Feierlaune geriet. Wobei zu hinterfragen bliebe, inwieweit Glücksgöttin Fortuna dabei Corona bedingt die Abstandsregeln einhielt. Nimmt Hansa die Dame – womöglich im Bus – am Osterwochenende mit nach Dresden? Ein Feiertag zum Feiertag? So ungewöhnlich wäre das nicht wie ein Blick in die Historie zeigt.

Pfingstsonnabend 1983. 24. Spieltag (von 26) in der DDR-Oberliga. Dresden empfängt Hansa. Dynamo kann eine verhunzte Serie mit einer möglichen EC-Qualifikation gerade noch retten. Hansa hat seine Saison (Platz 8 am Ende) schon in der Scheuer.  Vom letzten Sieg der Rostocker in Dresden wissen nur noch passionierte Chronisten. Am 16. März 1968 gewinnt Hansa durch Gerd Kostmann an der Elbe mit 1:0. Danach folgen ausschließlich Niederlagen. Die Konstellation ist so drückend wie die Hitze in den 83-er Maitagen: Dynamo haut Hansa gnadenlos weg.

Na, dann mal los. Vor 21.000 Zuschauern ergötzt sich Dynamo an seiner optischen Überlegenheit. In diesem „Feuer“ zündet Hansas Littmann mit einem kernigen Flachschuss schon mal ein „Lichtlein“. Kurze Zeit später kommt der erste „Geniestreich“ (nach Diktion des „Sportecho“-Redakteurs Otto Pohlmann) der Hanseaten von Axel „Schulle“ Schulz: Ballgewinn, Antritt, Ball vorbei am Torhüter –zack! Brüskierte Dresdener begehren sofort auf durch Minges 1:1. Dazwischen liegen zwei Minuten. Turbulenz? Aber ja. Kopflosigkeit? Wie man es nimmt. Christian „Krischan“ Radtke, der Road-Runner an der Seite, überlistet Dynamo mit einem Aufsetzer-Freistoß. Hansa führt mit 2:1 zur Pause. Dynamo je nach Wahl verdutzt, überrascht, konsterniert.

Die zweite Halbzeit beginnt. Alles auf Anfang und totale Offensive der Dynamos. Doch deren Angreifer verfangen sich im Abwehr-Dickicht der Hanseaten (voran bei Littmann und Alms). Die wiederum schlagen aus ihren Konterchancen Kapital. Erst verwandelt „Zacher“ Zachhuber zum 3:1, dann veredelt der eingewechselte Rillich eine reichliche Viertelstunde vor Schluss zum 4:1. Ein verdienter Auswärtssieg, auch in der Höhe, den beide Trainer so beurteilen: „Wir waren auf vielen Positionen schlechter besattelt als die Rostocker“, so Dresdens Gerhard Prautzsch. Und Hansas Coach Jürgen „Dackel“ Heinsch resümiert: „Wir hatten genügend Chancen den Sieg noch höher ausfallen zu lassen“.

Hansa juckelt nach dem Sieg (Sensation! Da ist sich die DDR-Sportpresse einig) beseligt im Bus nach Hause, die deprimierten Dynamos weinen ihrer ersten verpassten EC-Teilnahme seit 1970 nach. Aber vierzehn Jahre später, zu Ostern 1984, zahlt Dynamo mit harter Münze an Hansa zurück. Doch wer interessiert sich für Geschichte?