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25.02.2019 10:00 Uhr

Jürgen Croy: Mit der Rennpappe zur Weltkarriere

Im Grunde genommen ist es nur folgerichtig, dass Jürgen Croy am 26. Februar ab 19 Uhr im Business-Club des Ostseestadions aus dem Nähkästchen plaudert. Im August 1965 siegte er in seinem ersten Meisterschaftsspiel für Motor Zwickau bei Empor Rostock mit 2:1. Fast 16 Jahre später beendete Croy seine Laufbahn mit einem 3:1-Erfolg an der Ostsee. Der F.C. Hansa pflasterte demnach mit den Weg eines großartigen Fußballers, der trotz seiner Weltklasse und Popularität nie die Bodenständigkeit verlor. Eine Erinnerung in Stichworten.

Panther von Planitz bei Sachsenring Zwickau

"Croyer" entstammt einer Torhüter-Dynastie (Opa und Onkel) und spielt in 16 Jahren Oberliga nur für eine Mannschaft: Motor, später Sachsenring Zwickau. Zwischen 1965 und 1981 absolviert Croy 372 Meisterschaftsspiele (Platz neun in der ewigen Bestenliste der DDR-Oberliga). Sein Anteil daran, dass die Zwickauer in dieser Zeit nicht absteigen, ist enorm und gleichzeitig Fundament für eine beispielhafte Karriere im Weltklasse-Format.

Seit den späten 1960er-Jahren versuchen immer wieder Parteifunktionäre ihn zu einem Wechsel hin zu einem Leistungsklub zu bewegen. Croy wehrt sich hartnäckig und als die Attacken zu unangenehm werden hat er den Produktionsdirektor des Trabant-Bauers Sachsenring hinter sich. Dessen Botschaft lautet: "Wenn du gehen musst, läuft hier kein Trabbi mehr vom Band!" Das Argument mit der Rennpappe zieht.

Sensation und Husarenstück

Dynamo Dresden und Sachsenring im FDGB-Pokalfinale 1975 im Berliner Stadion der Weltjugend. Dresdens Pokalerfolg scheint so sicher wie das Amen in der Kirche. Aber Dynamos Spiel ist infiziert von überheblicher Arroganz. Ehe der Finalfavorit dagegen ansteuern kann, hat Sachsenring den Fehdehandschuh geworfen. 2:2 nach Verlängerung. Elfmeterschießen! Zwickaus Strategen verwandeln ausnahmslos. Ihr Torhüter Croy hält zwei Strafstöße und verwandelt selbst den entscheidenden zum 4:3-Erfolg.

Der Rest ist Jubelpose des krassen Außenseiters und Fassungslosigkeit nicht nur beim gedemütigten Favoriten. Auch die Oberen des Deutschen Fußballverbandes der DDR kriegen den Fakt nicht eingeordnet und erwägen ernsthaft, Sachsenring nicht für den kommenden Europacup zu melden. Man fürchtet, die Zwickauer könnten den DDR-Fußball in der internationalen Wahrnehmung blamieren...

Zum Glück spielt Sachsenring dann doch im EC der Pokalsieger 1975/76. Und wie! Panathinaikos Athen und der AC Florenz werden eliminiert. Nun wartet Celtic Glasgow. Schottlands renommiertester Verein, in dessen fanatischen Fans das Blut grün-weiß fließt. Als Sachsenring im Frühjahr 1976 vor 46 000 Zuschauern im Celtic-Park antritt, da macht zwischen Schottenkilt und Schottenkult nur die Prophezeiung ihre Runde: Zwickau wird abgebürstet und zwar ohne Widerrede. Der große Kenny Dalglish trifft zum 1:0. Und als die Celtic-Legende Bobby Lennox zum Strafstoß anläuft ist sowieso alles klar. Doch Jürgen Croy hält den scharf getretenen Ball. "Unfassbar", entfährt es Lennox. Das potenziert sich noch, denn Ludwig Blank trifft zwei Minuten vor Schluss zum 1:1. Sensation, keine Frage!

Doch die ist nichts gegen jene zwei Wochen später. Die Halde bebt! 40 000 Zuschauer (oder doch viel mehr?) okkupieren das restlos ausverkaufte Zwickauer Stadion und erleben "Luggi" Blank als Schnellstarter: 1:0 nach nur fünf Minuten. Was die Schotten, wahrlich nicht geizig in der Offensive, danach auch versuchen – ihnen bleibt der Weg zum Tor versperrt. Einmal mehr fliegt Jürgen Croy in alle Richtungen. Fußball-Europa staunt und die Funktionärs-Riege der DDR schämt sich.

Umkränzte Auswahleinsätze

Abschlag Croy auf Hamann. Dessen Steilpass erreicht Sparwasser. Der geht an Vogts und Beckenbauer vorbei, trifft zum 1:0 für die DDR gegen die BRD bei der WM 1974. Ihre erste und einzige Teilnahme an einer Weltmeisterschaft beendet die DDR ehrenwert mit Platz sechs. Croy, der 1967 in der Nationalmannschaft debütierte, ist längst Eckpfeiler in der Elf.

Zwei Jahre zuvor erringt er mit dem Team Olympia-Bronze und zwei Jahre später gewinnen Croy & Co (mit dem Rostocker Kische) in Montreal nach einem 3:1 gegen Polen den Olympiasieg. Bei der verpassten Weltmeisterschaft 1978 in Argentinien sagt der Schwede Ronny Hellström, selbst ein Keeper von Weltklasse, einer der besten Torhüter weltweit säße jetzt zu Hause: Jürgen Croy. Der bringt es schließlich auf 94 Auswahlspiele bis 1981. Die mickrigen sechs Spiele hin zum Jubiläum machte eine schwere Knieverletzung zunichte.

Auszeichnungen und Ehrungen

In der alljährlichen Umfrage der Fußballfachzeitschrift "Fuwo" ist Croy achtmal (Rekord!) unter den ersten Drei vertreten und er gewinnt die Wahl dreimal (1972, 1976, 1978), was außer ihm nur Dresdens "Dixie" Dörner gelingt. Das von der "Fuwo" 1989 unter den Sportjournalisten initiierte Ranking der 40 besten DDR-Fußballer aller Zeiten hievt den Zwickauer Jürgen Croy mit 267 Punkten Vorsprung auf den Zweitplatzierten Peter Ducke souverän an die Spitze. Die Stadt Zwickau ernennt Jürgen Croy zu ihrem "Ehrenbürger".

P.S.: Da wird einer am 26. Februar mit Sicherheit eine Menge zu erzählen haben.

Alle Infos auf einen Blick:

Was: Ein Abend mit Jürgen Croy - was hinter den Kulissen der DDR-Nationalmannschaft wirklich geschah

Wann: Dienstag, 26.02.2019

Wo: Businessclub Ostseestadion Rostock

Kosten: 14,00 EUR (Abendkasse 15,00 EUR) inkl. reichhaltigem Nudelbuffet

Karten: In den Fanshops Breite Str. + KTC Rostock, unter www.fc-hansa.de oder an der Abendkasse