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20.06.2006 10:30 Uhr

Stefan Studer: Vom Bankschalter auf den Managerstuhl

Am 1. Juli 2006 tritt Stefan Studer als Chef der Lizenz-Abteilung des F.C. Hansa Rostock die Nachfolge des bisherigen jahrelangen Managers Herbert Maronn an. In diesen Tagen bereitet sich der einstige Profi auf diesen Wechsel vor. Wir trafen uns mit ihm. Hansa-Online stellt den neuen Chef der Profiabteilung vor:

Als der F.C. Hansa Rostock im Jahre Mai 1995/96 in die Bundesliga aufstieg, schrieb der damalige und heutige Cheftrainer der Hanseaten, Frank Pagelsdorf, für eine Zeitung eine Aufstiegsserie, die begann so:

„Kaum zu glauben, aber wahr: Der erste Gratulant zum Bundesliga-Aufstieg war im Ostseestadion mein letzter „Fischzug“ für die neue Saison: Stefan Studer von Hannover 96. Es war fünf Minuten vor dem Abpfiff. Ich steh am Spielfeldrand, warte auf das erlösende Ende. Plötzlich kommt Stefan an die Linie, auf mich zu, nimmt mich in den Arm und sagt leise: „Glückwunsch zum Aufstieg, Trainer, Bundesliga, wir kommen… In der Nacht vor dem Spiel hatten Studer und Martin Groth in meinem Auto in Warnemünde ihre Zweijahresverträge beim F.C. Hansa unterschrieben. Natürlich wusste ich, dass ist für die beiden eine blöde Situation. Aber ich habe Ihnen gesagt, ihr seid noch Angestellte von Hannover, also spielt auch so. Und Studer und Groth waren da bei diesem 0:3 noch die besten…“

Stefan Studer später: „Gleich im ersten Gespräch hat mich Pagelsdorf überzeugt!“

Mai 2006: Plötzlich ging es in einer Nacht- und Nebelaktion wieder alles ganz schnell.

Hansas Vorstandsvorsitzender Manfred Wimmer und Lizenzchef Herbert Maronn waren überraschend zurückgetreten. Der Aufsichtsrat suchte nun also blitzartig geeignete Nachfolger und wurde mit Dirk Grabow (38) und eben Stefan Studer (42) schnell fündig…

Professor Dr. Horst Klinkmann hatte zunächst erst mit Dirk Grabow gesprochen. Der Aufsichtsrats-Vize Wolfgang Holz hatte unterdessen  bei Studer angefragt, ob er sich vorstellen könne, die Nachfolge von Herbert Maronn anzutreten.

Obwohl Studer mit dem Jobwechsel nun eigentlich ein Risiko eingeht – sein Vertrag bei Hansa ist ja zunächst nur bis Juni 2007 datiert – musste der „Professor“, so hat ihn übrigens zuerst einmal Trainer Jörg Berger in Frankfurt genannt, nicht lange überlegen.

„Im Herzen war die Entscheidung schon gefallen, als der Anruf kam“, erzählte der ausgebildete Fußballlehrer, der jetzt „so schnell wie möglich“ mit Ehefrau Manuela sowie den Kindern Antonia und Moritz von seinem Geburtsort Buxtehude an die Ostseeküste ziehen will.

17. Mai 2006. Früh um neun Uhr erhielt Stefan Studer nun im niedersächsischen Jork einen Anruf. Ob er denn also Zeit habe, nach Rostock zu kommen? Der 42-Jährige regelte gerade noch einige Dinge bei der Hypo-Vereinsbank, wo er tags zuvor wegen Hansa seinen Job als Filialleiter gekündigt hatte. Studer hatte also Zeit. Im Auto düste er blitzartig von Buxtehude an die Ostsee. Vier Stunden später wurde er als neuer Manager des Zweitligisten F.C. Hansa präsentiert…

Das Kuriose an dieser Geschichte erzählte Studer diesmal selbst: „Schon komisch. Vor zwei Jahren sagte eben Herbert Maronn einmal zu mir, ich könnte mal sein Nachfolger werden. Auch wenn Herbert jetzt geht, man muss es sagen: Mein Vorgänger hat in Rostock viel für Hansa geleistet."
Während der Vorstandsvorsitzende Manfred Wimmer und Lizenzchef Herbert Maronn an diesem Tage also gerade vor den Rostocker Journalisten ihren Abschied verkündet hatten, saßen nun schon der neue Vorstandsvorsitzende Dirk Grabow (38) und eben Stefan Studer (42) auf dem Podium im Presseraum des Ostseestadions.

Im feinen dunkelgrauen Anzug und mit vornehmer Brille gab „Stutz“ so dann seinen ersten Kommentar ab:

„Hansa ist für mich Herzenssache. Ich habe nach meiner aktiven Zeit immer Kontakt nach Rostock gehalten und war in den letzten Monaten schon im Scoutingbereich für den Verein tätig. Im Prinzip komme ich wieder nach Hause. Ich finde einen intakten Verein mit einer jungen Mannschaft vor, mit der wir gemeinsam aufsteigen möchten. Ich habe den Auftrag, den dritten Aufstieg in der Geschichte des F.C. Hansa  in die Bundesliga sicher zu machen. Ich freue mich darauf, diese Aufgabe hier wahrzunehmen, denn ich bin der Meinung, dass der F.C. Hansa da hingehört, wo er sich befand, als ich von hier weggegangen bin. Wir richten unseren Blick jedenfalls nach vorne, können und wollen uns nicht damit zufrieden geben, um Platz sieben oder acht zu spielen.“

So etwas hörte Prof. Dr. Horst Klinkmann natürlich gern. „Stefan Studer ist ein weltgewandter Mann und verfügt über die geballte fachliche Kompetenz“, lobte Aufsichtsratschef Prof. Horst Klinkmann seine Neuverpflichtung in höchsten Tönen: „Er ist ausgebildeter Trainer und ehemaliger Profi mit wirtschaftlichem Verstand.“ Nur eines kann er nicht mehr, wie Studer dann auch selbst einräumte: „Selber auflaufen und ein Tor schießen.“

Beim F.C. Hansa atmete man jedenfalls erst einmal durch: „Jetzt haben wir neben der neu aufgebauten jungen Mannschaft auch einen sehr jungen Vorstand. Gleichzeitig wurde dabei Bodenständigkeit mit geballter fachlicher Kompetenz verknüpft“, setzte Aufsichtsratsvorsitzender Prof. Dr. Horst Klinkmann großes Vertrauen in seine neue Führungsmannschaft, der weiterhin ja auch noch Ralf Gawlack als Marketing-Chef sowie Bernd Ziemer als Verantwortlicher für den Nachwuchsbereich angehören.

Stefan Studer wurde am 30. Januar 1964 in Buxtehude geboren. Er ist verheiratet mit seiner Frau Manuela (38), mit der er zwei Kinder hat: Moritz-Sebastian (12) und Antonia (8).
Stefan Studer hat eine abgeschlossene Banklehre, der Bankkaufmann firmierte zuletzt als Filialleiter bei der Hypo in dem niedersächsischen Ort Jork. 2002 machte „Stutz“ an der Kölner Sporthochschule auch noch seinen Trainerschein als Fußball-Lehrer. Damit darf er heute sogar Profimannschaften trainieren.
Der Fußballprofi Stefan Studer spielte von 1984 bis 1988 beim FC St. Pauli und bestritt in der Zeit 101 Spiele (3 Tore).

Von 1988 bis 1993 absolvierte er für Eintracht Frankfurt 128 Spiele und schoss in der Zeit neun Treffer und wurde Deutscher Vizemeister.

Aber: Ausgerechnet in Rostock verpasste er den Titel im Ostsseestadion (Studer: „Frankfurt war eine schöne und schwierige Zeit. Wir haben gut gespielt, doch den i-Punkt nirgendwo gesetzt, weil der Titel fehlte…“)

Von 1993 bis 1994 war Stefan studer in Wattenscheid (26/0). Von 1994 bis 1995 kickte er bei Hannover 96 (32/4). Von dort holte ihn dann eben der heutige Hansa-Cheftrainer Frank Pagelsdorf gemeinsam mit Martin Groth zum F.C. Hansa, wo er in drei Jahren Bundesliga 89 Spiele bestritt und 6 Treffer schoss.

Stefan Studer gab nach der Saison 1998/1999 seinen Vertrag beim F.C. Hansa überraschend mit 33 Jahren  zurück und beendete so seine erfolgreiche sportliche Laufbahn. „Ich wollte und habe mich damals gegen den Sport und für einen anderen Weg entschieden.“

Der gelernte Bankkaufmann begann nach seiner Karriere eine Zusatzausbildung als Kundenberater. Seine sportliche Intuition damals: „Ich habe durch den Fußball so viel bekommen, also möchte ich etwas zurückgeben. Etwas im Jugendbereich….“

Am Ende seiner sportlichen Karriere hatte Stefan Studer insgesamt 243 Bundesliga- und 133 Zweitliga-Spiele und traf in diesen Begegnungen insgesamt 22 Mal ins gegnerische Netz.

Studer und sein Verhältnis zu Frank Pagelsdorf: „Ich kenne ihn, ich kenne aber auch die Co-Trainer Perry Bräutigam und Timo Lange, ich kenne den  Zeugwart und die Physiotherapeuten und viele Menschen mehr. All das hat mir meine  Entscheidung leicht gemacht, am 1. Juli 2006 nach Rostock zu kommen. Es war aber nicht allein der Umstand, dass Frank heute wieder Trainer in Rostock ist…“

Allerdings, eines könnte sich schon noch einmal wiederholen. Der Aufstieg von damals. Wie schrieb Frank Pagelsdorf seinerzeit in jener Kolumne zum zweiten Aufstieg: „Ich steh am Spielfeldrand, warte auf das erlösende Ende. Plötzlich kommt Stefan an die Linie, auf mich zu, nimmt mich in den Arm und sagt leise: „Glückwunsch zum Aufstieg, Trainer, Bundesliga, wir kommen…“

Doppelpässe mit dem einstigen Spieler Stefan Studer

Stefan Studer wurde am 30. Januar 1964 in Buxtehude geboren.
Größe: 1,75 m groß
Gewicht: 71 kg
Bei Hansa von 1995 bis 1999, ab 1.7.2006
Trikotnummer bei Hansa: 19
Alle Vereine der Karriere: PSV Buxtehude, TS Hausbrück-Neugraben, Hamburger SV, FC St. Pauli, Eintracht Frankfurt, Wattenscheid 09, Hannover 96, F.C. Hansa Rostock.
Beruf: Bankkaufmann  und Fußball-Lehrer
Erster Trainer: Wolfgang Nitschke
Verheiratet: Frau Manuela (38)
Kinder: Moritz-Sebastian (12) und Antonia (8)
Spitzname: Professor. „Den hat mir Jörg Berger in Frankfurt verpasst.“
War Fußballer für Sie ein Traumberuf? Ich glaube nicht, dass es einen Traumberuf gibt.
Was wollten Sie mit 10 Jahren werden? Lokführer oder etwas ähnlich Eindrucksvolles.
Welchen Fußballstar hatten Sie über dem Bett? Keinen
Besondere Kennzeichen? Ich bin ein durch und durch ganz normaler Typ
Wie halten Sie es mit Wein, Weib und Gesang? Seit 1989 bin ich mit meiner Manuela verheiratet. Auch sie stammt aus Buxtehude. Mithin bin ich diesbezüglich versorgt. Ich trinke gerne mal ein Glas Rotwein. Studers Gesang tut der Umwelt weniger gut…
Mit wem würden Sie nicht in die Sauna gehen? Ich habe keine solchen Probleme mit wem auch immer, die einen gemeinsamen Saunagang unmöglich machen würden.
Worüber können Sie lachen? Über meine Kinder Moritz und Antonia.
Der Ball ist…Ein schönes Spielzeug
Können Sie sich vorstellen, Schiedsrichter zu werden? Nein, weil mir mit diesem Job zu viel Aufregung verbunden wäre.
Was stört/gefällt Ihrer Frau an Ihrem Sport? Wenn Erfolg für mich da ist, freuen wir uns gemeinsam. Wenn die Medien ins Persönliche gehen, ist das störend.
Bei welcher Sendung schalten Sie den Fernseher an, bei welcher aus? Generell sehe ich sehr wenig fern. Können Sie in einem Satz Abseits erklären? Abseits ist, wenn der Stürmer den Ball bekommt und in diesem Moment kein Gegenspieler außer dem Torwart vor ihm ist.
Essen Sie gerne Fisch? Ja, Lachs und Thunfisch.
Von welchem Trick träumen Sie? Ich träume von anderen Dingen.
Wann war ihr erster persönlicher Kontakt mit Hansa? Das war noch zu Zeiten bei Hannover 96. Wir verloren in Rostock 0:3.
Wie lautet Ihre Lebensmaxime? Ich freue mich auf jeden neuen Tag.
Welcher war Ihr größter sportlicher Erfolg: Vizemeister mit Eintracht Frankfurt und drei Jahre Bundesliga mit Hansa.
Was war Ihre größte sportliche Enttäuschung? Die verspielte Meisterschaft mit Frankfurt in Rostock!
Wenn Sie drei Wünsche frei hätten, wofür würden Sie sich entscheiden? Gesundheit in der Familie
Wie schalten Sie am besten vom Alltag ab? In der Familie.
Welche seemännischen Fähigkeiten zeichnen Sie aus? Schwimmen und Navigation.
 

Die besten Sprüche von Stefan Studer:

„Ost und West sollte man vergessen. Rostock ist weder das eine noch das andere. Rostock ist norddeutsch.“

„Ich interessiere mich nicht nur für Fußball, sondern auch für viele andere Dinge. Man muss sich mit dem Leben als Ganzes beschäftigen.“