23.06.2006 14:50 Uhr
Der neue Hansa-Torwart Jörg Hahnel (24)vom FC Erzgebirge Aue – Im Urlaub trainierte er schon mal für sein Leben in seiner neuen Heimat Warnemünde. Denn mit seinem Berater und einem Kollegen verbrachte „Jockel“ Teile seiner Freizeit gerade in Norwegen – als Angler. Jetzt geht es noch mal einige Tage während der WM nach Mallorca und dann beginnt am 2. Juli um 15 Uhr für den Erzgebirgler eine neue Zeitrechnung. Jörg Hahnel als Hansa-Profi an der Küste. Für Hansa-Online gab Jörg Hahnel jetzt sein erstes ausführliches Interview als Spieler des F.C. Hansa Rostock.
Hallo Jörg, Sie waren der erste Profi, mit dem Hansa einen Vertrag für die Saison 2006/2007 abgeschlossen hat. Welche Intentionen hatten Sie an die Küste zu wechseln?
Jörg Hahnel: Wenn du – wie ich – 24 Jahre in einem Dorf wie Erla-Crandorf gelebt hast, dann willst du auch mal raus in die Welt. Dieser Zeitpunkt war jetzt bei mir gekommen. Ich wollte mal einen neuen Verein, neue Menschen, neue Mentalitäten kennen lernen. Deshalb bin ich raus aus dem schönen Erzgebirge, weg von FC Erzgebirge, hin nach Rostock. Und ganz bewusst habe ich mir eine Wohnung im schönen Warnemünde genommen, obwohl ich gehört habe, dass es da etwas lauter sein soll…
Sie haben in Aue einen ausgezeichneten Torwart-Trainer gehabt. Was haben Sie Jörg Weißflog zu verdanken?
Jörg Hahnel: Er war mein erster Torwarttrainer. Ich kannte ihn noch als Spieler in Aue und Chemnitz. Er war DDR-Nationaltorwart und ein Held in Aue. Ich habe von „Flocke“ wirklich viel gelernt.
Was ist es für ein Gefühl, von Borussia Dortmund umworben gewesen zu sein und dann hinter dem Kollegen Tomasz Bobel 18 Monate im Prinzip als Nummer 2 auf der Bank von Aue zu sitzen?
Jörg Hahnel: Tatsächlich hat mich damals eine einfache, aber doch schwere Angina aus der Bahn geworfen. Bis dahin war ich ja der Stammkeeper in Aue und sogar für Dortmund interessant. Dann kam meine Krankheit, die Finanzkrise in Dortmund, Weidenfeller wurde bei Borussia zur Nummer 1 und ich plötzlich zum Bankdrücker, weil Tomasz Bobel in Aue überraschend von Spiel zu Spiel besser wurde. Ich habe das sportlich sehr fair akzeptiert. Mehr möchte ich dazu heute auch gar nicht mehr sagen. Unser Trainer Gerd Schädlich hat mir jedenfalls immer bestätigt, dass wir zwei gleich gute Torhüter sind oder waren und ich mich nie habe hängen lassen. Aber ich erhielt kaum noch Einsätze, durfte zuletzt dann nur noch mal am Saisonende gegen Fürth ran. Mit Erfolg, wie man weiß…
Und nun wollen Sie in Rostock angreifen?
Jörg Hahnel: Eineinhalb Jahre auf der Bank zu sitzen ist für einen Torhüter im Grunde beschissen. Sorry. Aber so ist es. Ich hatte mir ja nie was vorzuwerfen. Ich hatte aber durchaus zwischenzeitlich die Chance, zu Dynamo Dresden zu gehen und hätte dort sicherlich auch gespielt. Aber ich hatte damals kein gutes Gefühl und blieb noch in Aue. Aber nun kam das Angebot aus Rostock.
Wann stellten sich denn die ersten Kontakte ein?
Jörg Hahnel: Das war im Prinzip in der abgelaufenen Saison – beim Hinspiel Aues in Rostock. Ich musste zur Dopingprobe als Ersatzspieler, war schnell fertig und lief Hansas Torwart-Trainer Perry Bräutigam in die Arme. Der deutete damals an, mich schon mehrmals im Auge gehabt zu haben und riet mir, mich nicht hängen zu lassen. Später meldeten sich dann auch Manager Herbert Maronn und Trainer Frank Pagelsdorf bei mir. Kurios auch dies: Bei besagter Dopingprobe habe ich erstmals Mathias Schober kennen und als sehr angenehmen Menschen schätzen gelernt. Dass wir irgendwann mal Konkurrenten würden, habe ich zu diesem Zeitpunkt natürlich gar nicht gedacht. Immerhin wurde dies dann vor Weihnachten konkreter und vor dem Rückspiel in Aue perfekt gemacht. Durch eine Indiskretion eines Reporters wurde die Sache genau am Sonntag vor dem Montagspiel gegen Hansa bekannt. Das war irgendwo sehr unglücklich, hatte meine Position aber weder in Aue noch in Rostock verbessert oder verschlechtert.
Was versprechen Sie sich jetzt vor dem Wechsel an die Küste:
Jörg Hahnel: Ich bin zwar keine 18 mehr und will nicht von einer großen neuen Herausforderung sprechen. Aber es ist ein neuer Schritt als Torwart, mich weiter zu entwickeln. Ich bin in einem guten Torwartalter. Ich will mich messen, ich will zeigen, dass ich etwas kann und ich will mich der Konkurrenz stellen. Ich hoffe auf eine Chance, ich hoffe, dass ich angreifen kann und ich hoffe, auch zu spielen. Ich habe das Niveau für diese Spielklasse, ich habe eine gewisse Qualität, ich habe Vertrauen zu mir und auch genug Selbstbewusstsein. Ich werde jetzt alles geben. Ich will Rostock helfen, dahin zu kommen, wo Hansa mal war und das ist die Bundesliga gewesen.
Aber Mathias Schober hat die letzten zwei Jahre keinen anderen Kollegen ins Tor gelassen?
Jörg Hahnel: Ich sagte schon, ich schätze Mathias als Mensch und Torwart. Er hat lange Bundesliga und zuletzt 2. Liga gespielt. Ich nehme den fairen Kampf ums Tor auf und ich werde akzeptieren, wenn der Bessere nicht ich bin. Schon jetzt kann ich auch sagen: Ich bin auch als zweiter Torwart kein Ekel. Aber ich werde kämpfen und den Konkurrenzkampf annehmen.
Mit Mathias Schober, Patric Klandt und Ihnen scheint die Konkurrenz im Tor so groß wie lange nicht in Rostock…
Jörg Hahnel: Ich kann mich tatsächlich an Zeiten erinnern, da gab es so ein Trio guter Keeper schon mal: Bräutigam, Pieckenhagen, Klewer. Alle kamen gemeinsam auch ein Stück vorwärts. Wäre schön, wenn es jetzt auch so weit kommen würde.
Was hat Ihnen denn der Trainer Frank Pagelsdorf versprochen?
Jörg Hahnel: Der Trainer hat mir gar nichts versprochen. Frank Pagelsdorf hat mir gesagt, dass er mit der neuen Mannschaft aufsteigen möchte – und das ist auch mein Wunsch. Und er ist ein Mann, der Leuten eine Chance gibt, die er sich holt!
Was halten Sie denn vom Trainer?
Jörg Hahnel: Christian Lenze von Aue hat mir nur Gutes von ihm aus Osnabrück erzählt. Auch mein Gespräch mit dem Trainer war sehr nett. Ich freue mich deshalb auf eine gemeinsame Zusammenarbeit.
Wen kennen Sie denn von den Rostocker Jungs bereits?
Jörg Hahnel: Flüchtig kenne ich Enrico, mit dem ich in der Jugendzeit als jüngerer Spieler zusammen gekickt habe. Mein Bruder Frank kennt Kern noch besser, die haben beim FC Erzgebirge in einer Mannschaft gespielt. Als Kevin Hansen kurzzeitig in Aue war, habe ich auch ihn mal kennen und schätzen gelernt.
Wie beurteilen Sie die Neuen des F.C. Hansa?
Jörg Hahnel: Mit Stefan Beinlich oder Maik Wagefeld oder Sebastian Hähnge sind bisher schon interessante Spieler geholt worden. Patric Klandt kenne ich nur aus der Zeitung. Und ich hoffe, ich kann mich auch gut in die Mannschaft einbringen. Wir alle wollen gemeinsam den Aufstieg und wir alle wollen vor allem für Hansa eine bessere Saison spielen und einen Platz im vorderen Drittel der Tabelle einnehmen.
Ex-Hansa-Keeper Axel Keller wechselt jetzt auf Ihre Position in Aue. Was sagen Sie dazu?
Jörg Hahnel: Dieser Wechsel ist eher ein Zufall, kein Tausch. Ich wünsche Axel auch hier und jetzt alles Gute. Ich freue mich, dass auch er einen neuen Verein, eine neue Herausforderung gefunden hat und glücklich wird.
Der ehemaligen DDR-Nationalspieler und Fachjournalist Rainer Nachtigall hält Sie für einen der besten Feldspieler im Tor. Wie kommt das?
Jörg Hahnel: Im Jugendbereich habe ich in Aue lange im Tor und im Feld gespielt. In der Zweiten von Aue habe ich sogar im linken Mittelfeld in der Bezirks- und Landesliga ausgeholfen. Das ist insofern kurios, ich bin ja Rechtfüßler…
Sie sind 24 Jahre – haben noch alles vor sich?
Jörg Hahnel: Ja, ich komme ins beste Fußballalter…!
Werden Sie nach Ihren norwegischen Urlaubserlebnissen nun auch in Warnemünde angeln gehen?
Jörg Hahnel: Norwegen war ein Anfang mit dieser Leidenschaft. Vielleicht finde ich auch in Warnemünde mal eine ruhige Minute für diese Freizeitbeschäftigung. Den dicksten Fisch will ich aber schon im Fußball angeln. Ich kämpfe um einen Stammplatz und den Aufstieg…
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg beim F.C. Hansa.