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29.03.2019 12:03 Uhr

Von Chicago nach Rostock: Thomas Gansauge und das Jubiläumsspiel zum Wunder von Bochum

Ende Mai, ganz genau am 26.05.2019,  steigt im Ostseestadion Rostock das große Jubiläums-Spiel „20 Jahre das Wunder von Bochum“ – die Neuauflage des Spiels, dass dem F.C. Hansa Rostock in der Saison 1998/99 in letzter Sekunde den Klassenerhalt in der 1. Bundesliga bescherte.  Wir hatten die Gelegenheit, den Mann mit der längsten Anreise zu sprechen und uns mit ihm über seine Erinnerungen an den 29.05.1999 in Bochum auszutauschen: Thomas Gansauge, der inzwischen in Chicago in den USA lebt.

Hallo Thomas Gansauge, wie geht’s? Was machen Sie aktuell in Chicago – beruflich wie privat?

Es geht mir gut, es hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel geändert bei mir. Ich bin ja seit 2005 in Chicago, besser gesagt im Großraum Chicago, zu Hause. Ich bin hier „Director of Coaching“ und Chef-Trainer der 1.Mannschaft beim Schwaben AC. Und ich mache nach wie vor meine „Hansa Soccer Academy Sommercamps“ für Kinder und Jugendliche. Seit 2013 bin ich mit Alicia verheiratet und kann mir im Moment nichts Besseres vorstellen als hier zu leben und zu arbeiten.

In wenigen Wochen, am 26.05.2019, steht im Ostseestadion das große Jubiläum „20 Jahre das Wunder von Bochum“ auf dem Plan. Wie gut sind denn noch die Erinnerungen an Bochum 99?

Das ploppt schon immer mal auf und ich spreche mit einigen Leuten tatsächlich ab und an darüber. Auf YouTube gibt es ja auch einen schönen Mitschnitt des Spiels, den ich mir hin und wieder anhöre. Es ist eben eine Erinnerung, die für immer bleibt und die sich ins Gedächtnis eingebrannt hat. Uns allen war bei der Fahrt nach Bochum klar, dass wir dieses Spiel gewinnen mussten, weil wir nur so in der Liga bleiben konnten. Und als dann das Siegtor geschossen wurde sind dann auch wirklich alle Dämme gebrochen. Als der Abpfiff dann endlich kam waren wir überglücklich und dieses Spiel. Es hätte ja auch genau in die andere Richtung gehen können, das will ich mir gar nicht ausmalen…

Sie haben mit mehr als 7.000 km Entfernung zu Rostock die mit Abstand längste Anreise, noch vor Vicotr Agali, der aus Nigeria kommen wird und den beiden Ägyptern Yasser und Mohammed Emara. Mussten Sie lange überlegen ehe Sie zugesagt haben?

Ich glaube, dass ich der erste war der zugesagt hat (lacht). Ich habe nach der Anfrage von Hansa quasi sofort geantwortet und zugesagt. Ich verbinde das gleich mit einem Besuch bei meiner Familie, auch wenn es leider nur ein kurzer 5-Tage-Trip wird. Wir sind in den USA noch mitten in der Saison, aber an dem Wochenende ist ein Feiertag und deshalb haben wir spielfrei. Ich fliege am Donnerstag los, komme am Freitag an, treffe meine Eltern und bin bei meiner Schwester, komme zum Spiel am Sonntag und fliege dann am Montag schon wieder zurück. 

Wie wichtig war dieses Spiel im Verlauf Ihrer Karriere?

Schon sehr wichtig, auch wenn ich schon eine Menge bis dahin erlebt hatte. Ich sage immer: ein Nicht-Abstieg feiert sich schöner als ein Aufstieg oder eine Meisterschaft, die ich mit Hansa 1991 ja auch gewonnen hatte – ich glaube damals haben wir auch nicht mehr gefeiert als in Bochum. Es fällt einfach eine riesen Last von einem ab und dementsprechend ausgelassen ist man. Ich war immer eng mit Hansa verbunden, von daher war mir klar, wie fatal es gewesen wäre, wenn wir abgestiegen wären. Von daher war es schon eines der wichtigsten Erfolge meiner Karriere, kann man schon so sagen.

Haben Sie während des Spiels irgendwann mal daran gedacht, „wenn das hier schief geht, dann sind wir weg vom Fenster“?

Nein, ich glaube daran habe ich nie gedacht. In meiner Erinnerung war die Mannschaft von Anfang an, schon Tage vor dem Spiel, positiv eingestellt. Es wurde über ein mögliches Scheitern eigentlich nie gesprochen. Alle wollten gewinnen und alle haben daran geglaubt, dass wir das Spiel gewinnen.

Wie sehr hat es Sie geschmerzt, dass Sie bei diesem wichtigen Spiel „nur“ auf der Bank waren? Sie hatten immerhin an 20 der vorangegangenen 33 Spieltage gespielt.

Besonders schwer war es nicht, auch wenn du als Spieler natürlich immer auf dem Feld stehen willst, das ist klar. Aber in dieser besonderen Situation steckst du zurück, fieberst mit der Mannschaft mit, drückst Jedem, der auf dem Platz steht, die Daumen. Die persönliche Situation gerät dann in den Hintergrund.

Wie lief die Kommunikation an den Tag ab, wie wussten Sie über die anderen Spiele Bescheid?

Unser zweiter Torwart Perry Bräutigam war mit anderen Stadien verbunden, hat da ständig Updates erhalten und wir waren wie in einer Achterbahn unterwegs. Die Zwischenstände der anderen Spiele hatten es ja in sich: mal waren wir gerettet, mal abgestiegen, dann wieder gerettet. Aber sicher konnten wir erst nach dem Schlusspfiff sein, weil wir wussten, dass wir mit einem Sieg definitiv gerettet sind.

Das erklärt wahrscheinlich auch den großen Jubel nach dem Abpfiff und die Party im Stadion…

Auf jeden Fall! Die Szenen, die ich immer vor Augen habe, stehen ganz klar im Zusammenhang mit Slawomir Majak. Erst sein Tor zum 3:2 mit dem anschließenden Jubel auf dem Zaun und nach dem Spiel die Feier mit den Fans, die ihm in der Kurve quasi alle Klamotten vom Leib gerissen haben und er nur noch Fußballschuhe und  Unterhosen getragen hat. Insgesamt war es eine tolle Stimmung, alle waren ausgelassen, wir Spieler haben die Raupe gemacht und alle haben Ihren Emotionen freien Lauf gelassen. Und auf der Heimfahrt floss der Alkohol auch nicht gerade wenig und dann haben wir mit mehreren hundert Leuten, die alle vor dem Hotel Neptun gewartet haben, auch in Rostock bis in den Morgen gefeiert.

Mit wem haben Sie trotz der großen Distanz Kontakt von damals?

Sehr guten Kontakt habe ich nach wie vor mit Uwe Ehlers und Timo Lange, aber vor allem mit Oliver Neuville. Olli war im vergangenen Jahr hier in bei uns in Chicago, hat mit Borussia Mönchengladbach bei uns auf der Anlage ein Vorbereitungs-Camp gemacht. Und dann haben wir eine richtig geile Aktion gemacht. Wir haben ihm einen Spieler-Pass für unsere erste Mannschaft, die ich ja auch trainiere, ausgestellt und er hat für uns gespielt. Er hat 30 Minuten mitgekickt und das richtig gut gemacht. Er hat zwar kein Tor geschossen aber wir haben 2:1 gewonnen und er hat ein paar richtig gute Pässe gespielt. Das war eine typische „Olli Neuville-Aktion“, der ist total auf dem Boden geblieben und ist für solche Sachen zu begeistern. Das macht den Jungen so liebenswert.

Auf wen freuen Sie sich besonders am 26.05.2019 im Ostseestadion?

Vor allem freu ich mich auf die Jungs aus dem Ausland, wenn sie alle dabei sind. Auf Victor Agali, auf Yasser, auf Emara, auf Peter Wibran, auf Slawomir Majak … die habe ich alle seitdem nicht mehr gesehen. Hoffentlich hat Slawomir seine Unterhose von 1999 noch. Die kann er ja dann mitbringen, so als einziges Souvenir, was ihm von Bochum geblieben ist (lacht). Ich freue mich auf eigentlich alle. Ich habe gehört, dass daran gearbeitet wird auch Igor Pamic dazu zu holen, das wäre natürlich ein Riesending, wenn er auch dabei ist. Er ist zwar damals in der Winterpause weggegangen, aber er gehörte ja trotzdem dazu und ist ein toller Typ der nicht fehlen darf.

Wie fit sind Sie noch, trauen Sie sich die 90 Minuten noch zu oder wird „munter durchgewechselt“?

Also da muss definitiv durchgewechselt werden (lacht). Ich versuche mich zwar ein bisschen fit zu halten, aber für ein komplettes Spiel wird es nicht reichen. Läuferisch wird es sicher kein Leckerbissen bei den meisten von uns, aber technisch sind wir alle natürlich immer noch gut drauf. Aber 2 mal 20, 30 Minuten traue ich mir trotz meiner Knieprobleme schon noch zu.

Es werden auch eine Menge bekannter Namen aus Bochum dabei sein – die nehmen das Spiel auch ernst…

Ja, ich habe Kontakt zu Peter Peschel. Er freut sich wie wir auf das Spiel. Es wird auch ein tolles Erlebnis die Bochumer Jungs wieder zu treffen. Die haben auch ein paar Leute in ihren Reihen, die heiß auf das Spiel sind und  die Chance auf Revanche wittern…

… Sie wollen doch aber dieses Mal auch wieder gewinnen, oder?

Es könnte, allein schon altersbedingt, einige Tore auf beiden Seiten geben. Hoffentlich eines mehr für uns. Aber vielleicht sollten wir am Abend vorher den Bochumer Jungs noch ein paar Schnäpse ausgeben - einfach nur um auf Nummer sicher zu gehen, dass es auch wirklich klappt (lacht).

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